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Nürnberg im Transfer-Check: Bornemanns Ritt auf der Rasierklinge

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Den ordentlichen Auftaktleistungen in Berlin (0:1) und gegen Mainz (1:1) zum Trotz: Favorit auf den Abstieg, da sind sich viele einig, ist der 1. FC Nürnberg. Das liegt neben dem unerfahrenen Kader auch am geringen Transferbudget. Dem Aufsteiger standen für Neuzugänge gerade einmal vier Millionen Euro zur Verfügung – für die Ligakonkurrenz sind das nur Peanuts. Obwohl die Aufstiegsmannschaft um Trainer Michael Köllner gehalten werden konnte, hatte Sportvorstand Andereas Bornemann also eine Herkulesaufgabe zu bewältigen. Ist es ihm dennoch gelungen, den Club sinnvoll zu verstärken?

Plus an Erfahrung und Mentalität

Mit Christian Mathenia (Hamburger SV) wurde für 500.000 Euro ein Konkurrent für Aufstiegskeeper Fabian Bredlow verpflichtet. Mit 71 Bundesligaspielen ist der 26-Jährige der erfahrenste Akteur im gesamten FCN-Kader. Im Torwart-Duell mit Bredlow hatte er der Routinier allerdings zunächst das Nachsehen. In den Testspielen macht er stets einen soliden Eindruck. Am Sonntag hielt er beim 4:0-Sieg gegen Dukla Prag sogar einen Elfmeter. Laut Köllner sollte die Entscheidung pro Bredlow vorerst bis zur Länderspielpause gelten – sollte er sich nun für Mathenia entscheiden, muss einem als Club-Fan aber nicht Angst und Bange sein.

Die Abwehr ist unterdessen nahezu unverändert geblieben. Die Abgänge Miso Brecko (vereinslos) und Laszlo Sepsi (Cluj) spielten sportlich keine Rolle mehr. Der mit Kaufoption aus Bremen ausgeliehene Robert Bauer vertrat den angeschlagenen Rechtsverteidiger Enrico Valentini in der zweiten Hälfte im Pokal und gegen die Hertha. Der Defensivallrounder weist beim Club die zweitmeisten Einsätze im Oberhaus auf und überzeugte mit Kampf und Einsatzwillen. Hinten stand er sicher, im Spiel nach vorne wirkte er jedoch limitiert. Für einen Stammplatz wird es so nicht reichen, im weiteren Saisonverlauf kann er mit seiner Vielseitigkeit aber noch extrem wichtig werden.

Begabtes Duo lauert auf seine Chance

Der als perspektivischer Back-Up für Valentini verpflichtete Kevin Goden (1. FC Köln) kam in den Schlussminuten gegen Mainz zu seinem Debüt in der Bundesliga – der verdiente Lohn für harte Trainingsarbeit und ein Vertrauensbeweis von Köllner. Das 19-jährige Talent hat einen ausgeprägten Vorwärtsdrang, schnürte bei der zweiten Mannschaft in der Regionalliga Bayern unlängst einen Doppelpack. Defensiv kann er sich hingegen noch steigern.

Leihgabe Timothy Tillman (Bayern München) wiederum wartet noch auf seinen ersten Bundesliga-Einsatz. Der gebürtige Nürnberger gilt als Riesentalent – zwar hat der Club eine Kaufoption, die Münchner wollten den 19-jährigen Edeltechniker jedoch nicht ohne Rückkaufoption abgeben. Der mit einem feinen Füßchen gesegnete Spielmacher dürfte allerdings weiterhin einen schweren Stand haben.  Zum einen fehlt es ihm bisweilen an Zweikampfhärte, zum anderen hat Köllner im Zentrum spätestens seit der Ankunft von Yuya Kubo die Qual der Wahl.

Toller Einstand von Yuya Kubo

Der in der Bundesliga bislang überzeugendste Nürnberg-Akteur ist nämlich ein Neuzugang – eben der 24-jährige Japaner Yuya Kubo. Nürnberg hat ihn für eine halbe Million aus dem belgischen Gent ausgeliehen und sich eine Kaufoption gesichert. Musste er zunächst auf dem Flügel beginnen, stellte ihn Köllner gegen Mainz nach einer Systemumstellung auf die 10 – Kubos erklärte Wunschposition. Weshalb, bewies der technisch versierte Offensivmann anschließend in beeindruckender Manier: Unberechenbare Bewegungsabläufe gepaart mit Handlungsschnelligkeit und guter Übersicht – in der überragenden Verfassung der ersten beiden Spiele ist Kubo für Nürnberg eine echte Bereicherung. Kann er diese Leistungen bestätigen, ist Bornemann ein echter Glücksgriff gelungen.

Schlägt die neue Flügelzange ein?

Auf neues Personal für die offensiven Außenbahnen musste Köllner bis zum letzten Tag warten: Matheus Pereira (Sporting Lissabon) und Virgil Misidjan (Ludogorets Rasgrad) wurden erst am Deadline-Day verpflichtet und sollen beim Club die neue Flügelzange bilden. Rekordtransfer Misidjan kam für 2,5 Millionen Euro, für Rechtsaußen Pereira blätterte Nürnberg 500.000 Euro als Leihgebühr hin. Köllner hob bei Misidjan dessen Schnelligkeit hervor, bei Pereira gefiel ihm insbesondere dessen Robustheit. Durch sie wurde der Konkurrenzkampf auf den Flügeln endlich neu entfacht.

Für beide ist eine Top-Liga wie die Bundesliga zwar Neuland, dennoch sollten sie die Kader-Qualität entscheidend anheben. Die ersten Eindrücke in den Tests stimmen den Trainer jedenfalls zuversichtlich. Köllner im „kicker“: „Sie sind intelligente, technisch starke Spieler – wir können sie relativ schnell integrieren. Beide sind im Rhythmus, haben die Grundfitness. Sie könnten locker spielen.“ Somit dürften beide am Sonntag in Bremen zu ihren mit Spannung erwarteten Bundesliga-Debüts kommen.

Knöll muss sich hinten anstellen

Neuzugang Törles Knöll (Hamburger SV) scheint derweil einen eingebauten Torriecher mit in die Noris gebracht zu haben. Der Mittelstürmer war schon in der Saisonvorbereitung Nürnbergs Testspiel-König. In der Länderspielpause legte der 20-Jährige nun nach: Beim 17:1-Erfolg über den Bezirksligisten TSG Roth reichten Knöll die ersten 39 Minuten für fünf Treffer, gegen Dukla Prag erzielte er die Führung. Im Pokal und in Berlin wurde Knöll jeweils in der Schlussphase eingewechselt, konnte sich aber nicht mehr final in Szene setzen. Da Mikael Ishak gesetzt ist, wird Knöll auf weitere Joker-Einsätze hoffen müssen.

Sparmeister Bornemann

Den ersten Eindrücken nach hat Bornemann angesichts der Umstände gute Arbeit geleistet. Mathenia lässt sich nicht hängen und bringt wie Bauer, der ebenfalls Druck auf die Stammkräfte ausübt, die gesuchte Bundesliga-Erfahrung mit. Der offensivstarke Außenverteidiger Goden und Knipser Knöll haben viel Potenzial und kamen beide ablösefrei. Knöll zeigt im gegnerischen Strafraum eine ungeheure Präsenz – er wird von Köllner noch seine Minuten bekommen. Will Tillman sich behaupten, muss er noch aggressiver und zielstrebiger werden.

Kubo präsentiert sich unterdessen ideenreich und auch defensiv engagiert. Zeigt er Konstanz, ist er ein echtes Schnäppchen. Falls Misidjan und Pereira einschlagen, würde das die Chancen auf den Klassenerhalt erheblich erhöhen. Beide scheinen gut genug, um Nürnberg sofort weiterzuhelfen. Der Plan von Bornemann, ungeachtet aller Unwägbarkeiten bis zum Ende der Transferperiode zu warten, könnte schließlich doch noch aufgegangen sein.

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