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1. FC Nürnberg

Saisonprognose Nürnberg – Macht’s Köllner nochmal?

1.FC Nürnberg 1.Bundesliga Michael Köllner

Nur wenige hatten dem 1. FC Nürnberg vor der abgelaufenen Zweitliga-Saison den Sprung ins Oberhaus zugetraut. Die Mannschaft von Trainer Michael Köllner ist aus einer extrem ausgeglichenen zweiten Liga als alleiniger Rekordaufsteiger hervorgegangen und im Kern zusammengeblieben. Was vermeintliche erstligataugliche Neuverpflichtungen betrifft, tun sich die Franken bisher dagegen überaus schwer. Man setzt weiterhin auf Spieler, die sich voll und ganz mit Verein und Stadt identifizieren. Das Transferbudget von vier Millionen ist im Vergleich zur Ligakonkurrenz ernüchternd und unterstreicht den Exotenstatus des Clubs. Im erwarteten Abstiegskampf gilt der überragende Teamgeist als Faustpfand der Nürnberger, doch reicht das für den Klassenerhalt?

Transfers & Personal

An der Noris muss man wichtige Stützen nicht mehr aus finanziellem Druck abgeben. Einzig Kevin Möhwald (Werder Bremen) verließ den FCN als Stammspieler, die weiteren acht ebenfalls ablösefreien Abgänge waren allesamt Ergänzungsspieler. Durch den Weggang etlicher Routiniers wie Thorsten Kirschbaum (Leverkusen), Miso Brecko oder Laszlo Sepsi (beide vereinslos) wurde der Altersschnitt erheblich gesenkt. Die Mannschaft gehört mit einem Durchschnittsalter von 24,8 zu den Jüngsten der Liga. Bundesligaerfahrene Verstärkungen würden dem Team also gut zu Gesicht stehen.

In diese Kategorie sind von den bisher sechs Neuzugängen lediglich Defensivallrounder Robert Bauer (Werder Bremen) und Keeper Christian Mathenia (Hamburger SV) einzuordnen, der sich mit Aufstiegstorhüter Fabian Bredlow ein Duell um den Platz zwischen den Pfosten liefert. Auf der Torhüterposition wurde mit Patric Klandt (SC Freiburg) zudem eine neue Nummer 3 verpflichtet. Mit Rechtsverteidiger Kevin Goden (1.FC Köln U19), Spielmacher Timothy Tillman (Bayern München U19) und Stürmer Törles Knöll (Hamburger SV U21) sind vielversprechende Talente hinzugekommen. Von den vier Millionen Euro Transferbudget hat man bisher lediglich eine halbe Million in Mathenia investiert. Alle anderen Zugänge waren ablösefrei oder sind wie Bauer und Tillman zunächst mit Kaufoption (und geringer Gebühr) ausgeliehen.

Als gefühlter Neuzugang kehrt darüber hinaus Sebastian Kerk zurück, der beinahe das komplette zurückliegende Jahr verletzt ausfiel. Der schnelle Linksaußen kann auch in der 1. Bundesliga den Unterschied ausmachen. Fraglich ist allerdings, wann der technisch versierte Rotschopf wieder hundertprozentig fit ist. Ein weiterer Rekonvaleszent ist der für den Spielaufbau so wichtige Mittelfeldabräumer Patrick Erras.

Nach dem schmerzhaften Abgang von Möhwald fehlt dem FCN ein Spielgestalter. Ohne finanzierbare Alternativen ist auch eine interne Lösung denkbar, etwa mit Eduard Löwen, Tillman oder Alexander Fuchs, dem Gewinner der Vorbereitung. Sportvorstand Andreas Bornemann setzt auf den Faktor Zeit und hofft, den Franken zum Ende der Transferperiode die benötigte Qualität zuführen zu können.

Stärken und Schwächen

Neben den Mehreinnahmen durch den Aufstieg und der sich weiter schrittweise vollziehenden Konsolidierung, hat der Verein mittlerweile ein stabiles Gerüst aus langfristig gebundenen Führungsspielern. Hervorzuheben ist der Abwehrverbund mit den Innenverteidigern Georg Margreitter und dem derzeit verletzten Ewerton sowie den Außenverteidigern Enrico Valentini und Tim Leibold. Dazu kommen Youngster wie Torwart Bredlow oder die deutschen U21-Nationalspieler Lukas Mühl und Löwen.

In seiner ersten Saison als Profitrainer ist es dem extrovertierten Oberpfälzer Köllner mit seiner authentischen Art vielen Zweiflern zum Trotz gelungen, auf Grundlage einer stabilen Defensive zeitweise berauschenden Offensivfußball spielen zu lassen. Über allem steht jedoch die mannschaftliche Geschlossenheit. Viele Spieler kennen sich bereits seit Jahren und verbringen auch privat viel Zeit miteinander. Die rechte Hand des Trainers und unumstrittene Leader ist Kapitän Hanno Behrens. Der Mittelfeldspieler steht mit 28 Jahren wie viele im FCN-Kader vor seinem Erstligadebüt. Mit nur 192 Spielen in der 1. Bundesliga hat man ligaweit den mit Abstand unerfahrensten Kader – selbst Mitaufsteiger Düsseldorf hat über 600 Spiele vorzuweisen.

Auf den offensiven Außenbahnen besteht akuter Handlungsbedarf, sie waren bereits in der vergangenen Spielzeit unterbesetzt. Hier hat man mit Kerk und Edgar Salli lediglich zwei Spieler im Aufgebot. Die enttäuschenden Leihgaben Ulisses Garcia (Bremen), Marvin Stefaniak (Wolfsburg) und Tobias Werner (Stuttgart) wurden nicht verpflichtet. Kerk ist verletzungsanfällig, Rechtsaußen Salli steht bei den Nürnberger Fans aufgrund mangelnder Effizienz in der Kritik.

Sturmführer Mikael Ishak muss auch eine Liga höher mit Toren und Laufbereitschaft überzeugen. Sein verletzungsbedingter Ausfall in der letzten Rückrunde zeigte seine außergewöhnliche Bedeutung für das Nürnberger Spiel. Da sich in seiner Abwesenheit weder Adam Zrelak noch Winterneuzugang Federico Palacios-Martinez in den Vordergrund spielen konnten, benötigt Köllner unbedingt weitere Optionen. In der Vorbereitung zog sich trotz ansehnlicher Ballstafetten die Unentschlossenheit im gegnerischen Strafraum wie ein roter Faden durch die Testspiele, in der Bundesliga braucht es mehr Durchsetzungsvermögen.

Prognose

Obwohl der zuletzt arg gebeutelte Traditionsverein so gut da dasteht wie seit Jahren nicht mehr, wird man in der kommenden Saison der kleinste Fisch im schillernden Ozean der 1.Bundesliga sein. Die Verantwortlichen um Finanzvorstand Michael Meeske haben den FCN allerdings in ruhiges Fahrwasser gelenkt. Im Club-Umfeld ist man sich der eigenen Ausgangssituation im Konzert der Großen bewusst und steht hinter dem alternativlosen Sparkurs. Alles andere als Abstiegskampf würde selbst die eigenen Fans verblüffen, der Ligaerhalt wäre ein Riesenerfolg.

Egal wer noch kommen sollte, der 1. FC Nürnberg wird also definitiv als Abstiegskandidat Nummer 1 in seine 34. Bundesligasaison gehen. Der Kader hat mit weniger als 30 Millionen Euro ligaweit den niedrigsten Gesamtmarktwert (Hannover hat mit über 80 Mio. den drittniedrigsten). Abzuwarten ist, ob Bornemann auf dem Transfermarkt noch einmal zuschlägt. Noch ist man nicht breit genug aufgestellt. Sollte im Offensivbereich nicht nachgebessert werden, wird sich das auch ohne mögliches Verletzungspech rächen.

Optimistisch stimmt die ausgewogene Balance im Spiel von Köllners Mannen. Diese stellten die zweitbeste Defensive und die zweitbeste Offensive der 2. Bundesliga. Sollte es erneut gelingen, hinten kompakt zu stehen und die ansehnlich herausgespielten Chancen dann auch zu nutzen, ist der Klassenerhalt realistisch. Die letztjährige Stärke bei Standardsituation beizubehalten, könnte Nürnberg ebenfalls zugute kommen. Aufgrund des Vertrauens in die taktisch flexible Spielidee ihres unorthodoxen Trainers und des herausragenden Mannschaftsklimas ist es dem eingespielten Team durchaus zuzutrauen, die Konkurrenz aus der Position des krassen Außenseiters heraus zu überraschen.

So könnte Nürnberg spielen

Fabian Bredlow – Enrico Valentini, Georg Margreitter, Ewerton, Tim Leibod – Patrick Erras – Sebastian Kerk, Hanno Behrens, Eduard Löwen, Edgar Salli – Mikael Ishak

Fakten

  • Trainer: Michael Köllner
  • Taktische Aufstellung: 4-1-4-1
  • Transferausgaben: 700 Tausend Euro
  • Transfereinnahmen: /
  • Voraussichtlicher Tabellenplatz: Abstiegskampf (Platz 14-18)