2. Bundesliga

Ex-Nationalspieler exklusiv: So lief die Spieler-Meuterei

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Es gibt viele unglaubliche Geschichten über den 1. FC Nürnberg. Abstieg als Deutscher Meister 1969, Abstieg als DFB-Pokalsieger 2008, Falco im Training, zuletzt das 8:3 mit Miro Klose gegen Jahn Regensburg. Aber das verrückteste Stück datiert vom 28. Oktober 1984: Eine Meuterei der Spieler gegen Nürnberg Trainer Heinz Höher († 2019). Fussballdaten.de-Redakteur Carsten Germann und Marc Huber von 1. FC Nürnberg – Stadionzeitungen und Eintrittskarten (Facebook) mit Exklusiv-Stimmen zu einem Spieler-Aufstand, der beim „Club“ alles ändern sollte.

Heinz Höher musste sich an diesem Montagmorgen irgendwie einsam vorgekommen sein. Es war 7.30 Uhr, der FCN-Coach („Es hat nur zwei Mal geregnet: Ein Mal fünf Tage, ein Mal acht Tage.“ / Über ein Trainingslager auf Sylt)  hatte ein Straftraining angesetzt.

Der (Noch)-Rekordmeister aus Nürnberg hatte tags zuvor zuhause nur 1:1 gegen Rot-Weiß Oberhausen gespielt. Nun stand Heinz Höher plötzlich da – und hatte nur noch 5 Spieler im Training.

Es waren dies: Dieter „Eckes“ Eckstein, Reiner Geyer, Fred Klaus, Frank Nitsche und Rudi Stenzel. Die übrigen, darunter Torhüter Rudi Kargus, Stefan Lottermann und Roland Grahammer, trainierten ohne Höher. Manager und Ex-Torhüter Manfred „Manni“ Müller hatte die Unzufriedenen „durch den Wald gejagt, um sie zur Einsicht zu bringen.“

Solche Methoden gehen heute nicht mehr – und waren offensichtlich schon vor 40 Jahren außer Mode. Ob das die Emanzipation des modernen Fußballprofis beschleunigt hat, wissen wir nicht.

Ist auch nicht so wichtig. Jedenfalls sah DER SPIEGEL am 4. November 1984 den „ersten organisierten Spielerstreik im deutschen Profifußball.“

Roland Reng schrieb 2014 mit Spieltage – Die andere Geschichte der Bundesliga (Verlag: Piper) nicht nur eines der bemerkenswertesten Bücher, sondern auch eines der genialsten Stücke über den 1. FC Nürnberg. Unter dem Titel „Oktober 1984: Rebellion!“ heißt es: „Grahammer hatte das Beste aus dem morgendlichen Trainingsbeginn gemacht. Um das frühe Aufstehen zu umgehen war er bis nach 5 Uhr ins Leonardo gegangen und dann direkt von der Diskothek zum Trainingsplatz am Valznerweiher gefahren.“

Die Nürnberg Meuterei von 1984 im Rückblick: „Der Aufstand war übertrieben!“

Reiner Geyer blickt gegenüber Fussballdaten.de exklusiv auf die „Meuterei auf der Nürnberg“ 1984, der sich 15 von 19 Spielern anschlossen: „Wir waren nur vier Punkte von den oberen Plätzen weg. Der Aufstand war auf alle Fälle übertrieben und auf jeden Fall ungerechtfertigt. So handelt man als Mannschaft gegenüber Verein und Trainer nicht. Es wurde dann nicht der Trainer gefeuert, sondern es traf sechs Spieler.“

Der spätere Nationalspieler Hans Dorfner exklusiv bei Fussballdaten.de: „Wir waren sehr junge Spieler und haben dann mitgezogen, mir war aber schon nach dem ersten Tag klar, dass das nichts wird. Rudi Kargus und Udo Horsmann waren total gegen den Trainer und mir war klar, dass der Trainer gehen muss. Dem war nicht so. Das hat mich aber nicht überrascht, weil Gerd Schmelzer und Heinz Höher sehr gut befreundet waren. Für mich war Heinz Höher der beste Trainer, den ich je hatte. Fachlich auf jeden Fall, menschlich war’s ein bisserl schwieriger. Er hat die Spieler damals provoziert und wollte alles genauso, wie es gekommen ist, die Alten raushauen und mit den Jungen eine neue Mannschaft aufbauen.“

„So etwas habe ich noch nie erlebt, nicht mal in Griechenland!“

Stimmt. Der 1. FC Nürnberg und sein erst 33 Jahre alter Präsident Gerd Schmelzer reagierten und schickten sechs Spielern die fristlose Kündigung und ein Hausverbot.

Thomas Brunner, damals 22, und neun andere Spieler zeigten Reue, die übrigen Sechs lieferten sich mit dem FCN eine juristische Materialschlacht.

Aus der „Oktober-Revolution“ gingen letztlich der angeschlagene Trainer Heinz Höher („So etwas habe ich noch nie erlebt, nicht mal in Griechenland.“) und der Verein als Sieger hervor.

Stand Höher vor dem Auswärtsspiel in Aachen (1:2) noch vor der Frage „Wer soll eigentlich spielen?“, so wuchsen die blutjungen Spieler – Panikkäufe schloss Schmelzer in der Stadionzeitung „Club Echo“ kategorisch aus – Eckstein, Geyer, Grahammer und Dorfner (alle 20) in der Folgezeit über sich hinaus.

  • Nürnberg gewann 8 der letzten 10 Zweitliga-Spiele 1984/85.
  • Dieter Eckstein hatte mit 13 Saisontreffern maßgeblichen Anteil an der „Club“-Rückkehr in die Bundesliga.
  • Der spätere Nationalspieler traf neben Thomas Brunner auch im letzten Spiel gegen Hessen Kassel (2:0).

Geyer: „Letztlich war alles richtig, weil so eine junge, so eine begeisterungsfähige Mannschaft geboren wurde.“

„Achtet auf die Nürnberger Asse“, empfahl HSV-Idol Uwe Seeler († 2022) nach Nürnbergs Wiederaufstieg. Das hörten aus FCN-Sicht leider die Falschen.

Der FC Bayern holte 1986 Dorfner, dann Grahammer und Stefan Reuter (beide 1988). „Die Bayern haben uns das Herz herausgerissen“, klagte Schmelzer Jahre später im Kicker-Special Die Meister-Helden (2018). „Alles, wirklich alles, wäre mit dieser Mannschaft möglich gewesen“, sagte auch Hansi Dorfner in dieser Ausgabe. Nicht ohne Wehmut.

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