Im letzten Fussballeck-Topspiel ging es für die Beteiligten um die oberen Plätze der Tabelle. Das Freitagsspiel des 25. Spieltag beleuchtet jedoch die etwas unpopulären Gefilde der Bundesliga. Der FC Schalke 04 gastiert im Weserstadion und steht schon vor dem Anpfiff mit dem Rücken zur Wand. Es ist ein Spiel voller Potential, in dem der SV Werder Bremen um den Anschluss an Europa kämpft und die Königsblauen um die Fassung. Ein Ausblick auf eine Partie, das für Schalke einer Notoperation gleicht.
Es waren unwirkliche Szenen, die sich am vergangenen Wochenende auf Schalke (14. Platz, 23 Punkte) abspielten. Benjamin Stambouli musste den Ultras von Königsblau noch auf dem Platz die Kapitänsbinde übergeben. Das vor der Saison überreichte Geschenk der Fans war Symbol für Zusammenhalt zwischen den Anhängern und den Spielern gewesen. Trainer Domenico Tedesco stellte sich nach abgelegtem Armutszeugnis seiner Mannschaft vor die im Stadion verbliebenen Fans und ließ sich wüst beschimpfen. Rücktrittsaufforderung ist wohl die harmloseste Bezeichnung der Schimpftirade, mit der sich Tedesco mit gefalteten Händen konfroniert sah. Schalke erlebte in der Woche danach einen absoluten Tiefpunkt und steuert nach fünf sieglosen Ligaspielen konsequent Richtung Abstiegsplätze.
Der souveräne Sieg der Düsseldorfer hat auch für Bremen (10. Platz, 33 Punkte) Folgen. Nach drei Unentschieden in Folge wird die solide Hinrunde der Werderaner immer obsoleter. Düsseldorf rückt mit überraschend stabilen Leistungen an die Mannschaft von der Weser heran. Doch Bremens Stärke zeigte sich auch zuletzt in der letzten halben Stunde gegen den VfL Wolfsburg. Man erkämpfte ein 1:1 und ist mit sechs Punkten Abstand auf Bayer 04 Leverkusen noch im Rennen um die Europaplätze. Mit den Sorgen der unteren Tabellenplätze hat man hingegen nichts zu tun.
„Es ist jetzt keine Zeit, um Alibis zu suchen“, sagte Tedesco auf der Pressekonferenz vor der Partie und strich offenbar resolut Personal. Laut „BILD“ werden die ineffektiven Mark Uth, Amine Harit und der zuletzt durch desolate Defensivarbeit auffallende Hamza Mendyl nicht im Kader stehen, wenn Schalke die letzten Leistungen gegen Bremen sühnen möchte. Unfreiwillig wird der rotgesperrte Suat Serdar fehlen, ebenso Alessandro Schöpf (Außenbandteilriss). Bastian Oczipka kehrt nach Verletzung zurück. Salif Sané könnte nach seinem Leistungseinbruch zunächst auf der Bank Platz nehmen. Breel Embolo und Ahmed Kutucu könnten ebenso wie Winter-Neuzugang Rabbi Matondo starten.
Die entscheidenden Akteure der Bremer stehen alle zur Verfügung. Die Ausnahme bilden Sebatian Langkamps bitterer Ausfall nach dem Spiel in Wolfsburg (Schulterverletzung) und Yúya Osako (Rückenprobleme). Nach schwachen Leistungen von Milot Rashica und Johannes Eggestein ist die vollständige Rückkehr von Martin Harnik für Trainer Florian Kohfeldt eine Chance in der Offensive umzustellen. Zudem scheint sich eine Rückkehr von Fin Bartels anzudeuten. Der 32-Jährige stand, nach seinem Achillessehnenriss, nach über einem Jahr wieder für die U23 auf dem Fussballplatz und scheint genesen. Für die Startelf wird es wohl noch nicht reichen, doch die Aussicht bald wieder auf das Offensivduo Kruse/Bartels zurückgreifen zu können, dürfte die Bremer Herzen höher schlagen lassen.
Werder Bremen: Pawlenka – G. Selassie, Veljkovic, Moisander, Augustinsson – Bargfrede – Klaassen, M. Eggestein – Harnik, Kruse, Rashica
FC Schalke 04: Nübel – Caligiuri, Bruma, Nastasic, Oczipka – Stambouli, McKennie – Matondo, Bentaleb, Skrzybski – Burgstaller
Der gewohnt körperliche, mauernde Spielstil der Schalker hat am letzten Spieltag seine vermutlich finale Quittung in dieser Saison erhalten. Die Königsblauen müssen, schon um vor den Fans nicht endgültig das Gesicht zu verlieren, alles für einen Sieg tun. Das Spiel ist ein weiteres und vermutlich letztes Finale für Tedesco. Der Schalker Trainer gilt seit Beginn der Krise auf Schalke als angezählt. Es ist schwer vorstellbar, welch Beben eine weitere desolate Leistung, wie gegen Düsseldorf, intern hervorrufen würde.
Personell steht der Trainer vor dem Problem, dass keiner seiner Akteure sich für einen gesicherten Platz in der Startformation beworben hat. Um in der Offensive Akzente zu setzen, könnte man auf Schalke auf jugendlichen Hunger von Embolo, Kutucu oder Matondo hoffen. Das auch Dauerbrenner Daniel Caligiuri, der in der gesamten letzten und der Hinrunde dieser Saison konstant Motivator und Motor der Mannschaft war, im Leistungstief feststeckt, trifft die gesamte ohnehin schon angeschlagene Mannschaft hart.
Gegen Wolfsburg fand ein eigenes Bremer Spiel nur in den letzten 30 Minuten statt. Die Mannschaft unterstrich mit dem Ausgleich durch Max Kruse ihre Kämpfernatur und die Tatsache, dass es sich um einen bestens aufeinander abgestimmten Kader handelt. Nicht zuletzt waren die Akzente durch Claudio Pizarro und Josh Sargent spielentscheidend. Doch die vorangegangenen 60 Minuten waren auch der Beweis, dass Bremen sich nicht zu Unrecht in der schwebenden Mitte der Tabelle befindet. Es ist Zeit, dass die Kohfeldt-Elf wieder souveräne und konstante Leistungen abruft um den Anschluss an Hertha, Hoffenheim und Wolfsburg nicht zu verlieren.
Fazit: Schalke kommt in einer denkbar schwierigen Situation nach Bremen. Diese Ausgangslage ist entweder Chance oder Todesurteil für Tedescos Mannschaft. Um nicht ganz offiziell in den Abstiegskampf zu geraten, sind nur drei Punkte akzeptabel. Das Spiel ist wie eine Operation am offenen Herzen: Ausnahmesituation trifft gefährliche Risiken. Werder ist deutlicher Favorit. Je schneller die Mannschaft vor heimischer Kulisse die Fehler in der Schalker Formation entdeckt und diese nutzt, desto schneller werden sie das Spiel an sich reißen. Dass Schalke nur schwer ein Spiel gestalten kann, spielt Bremen in die Karten. Klar ist: Die Bundesliga erwartet ein hitziges Spiel, in der keine Mannschaft etwas zu verschenken hat. Schalke hatte allerdings auch am letzten Spieltag nichts zu verschenken und dennoch nahm das Unheil seinen Lauf.
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