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Hamburger SV

Hinrundenfazit: HSV auf den Schultern eines Teenies

Es ist der 25. August 2017. Der Hamburger SV ist nach acht Jahren Tristesse wieder Tabellenführer. Wenigstens für 19 Stunden konnte der HSV nach dem 3:1-Auswärtssieg beim 1. FC Köln den Platz an der Sonne feiern. Mit sechs Punkten zu Beginn der 55. Bundesliga-Saison rechnete nach dem ernüchternden Pokal-K.O. in beim VfL Osnabrück wohl niemand. Auch Investor Klaus-Michael Kühne zählte Coach Markus Gisdol bereits vor dem 1. Spieltag an.

Auf starken Start folgt der stärkere Absturz

Die Mannschaft zeigte sich gegen den FC Augsburg davon unbeeindruckt. Dennoch musste der Sieg mit dem Kreuzbandriss von Nicolai Müller teuer bezahlt werden. „Nicht mal jubeln können die Hamburger“ spotteten User in Sozialen Netzwerken, nachdem sich Müller die schwere Verletzung beim Feiern seines 1:0-Siegtreffers zuzog. Auf die zwei Erfolge zu Beginn folgte eine bittere Serie von Niederlagen. In den Partien gegen RB Leipzig, Hannover 96, Borussia Dortmund und Bayer 04 Leverkusen fand der verletzungsgeplagte HSV offensiv nicht statt. Die Bilanz von null Punkten und 0:10 Toren waren genauso wie der Absturz auf Rang 15 die logische Konsequenz.

HSV schöpft aus Nordderby Hoffnung

Vor dem anstehenden Nordderby gegen Werder Bremen wusste jeder um die Bedeutung. Eine erneute Pleite gegen den noch sieglosen Rivalen würde den Krisenklub und sein Umfeld abermals in Panik versetzen. Da halfen auch die Beteuerungen von Sportdirektor Jens Todt und Vorstandsvorsitzenden Heribert Bruchhagen wenig. Aber die Apokaplypse blieb aus. Die spielerisch beste Saisonleistung brachte ein am Ende unglückliches 0:0 hervor. Allerdings schöpften die Hamburger Fans nicht nur aus dem Ergebnis Hoffnung. Zum einen verzückte Dribbelkünstler Tatsuya Ito in seinem zweiten Bundesliga-Spiel das gesamte Volksparkstadion. Die unzähligen, gefährlichen Antritte des Japaners erzeugten endlich die dringend benötigten Torchancen. Bei der vorzeitigen, durch Krämpfe bedingten, Auswechslung honorierten die Anhänger den jungen Japaner mit Standing Ovations.

Arp beflügelt die Offensive

Ein weiterer Hoffnungsschimmer wurde in der 88. Minute für Bobby Wood eingewechselt und war zu diesem Zeitpunkt 17 Jahre, neun Monate und 24 Tage alt. Eigengewächs Jann-Fiete Arp feierte sein Bundesliga-Debüt für die Hanseaten. Das Spiel konnte der Juniorennationalspieler zwar nicht mehr entscheidend mitgestalten, wohl aber den weiteren Verlauf der Hinrunde. Gisdol wurde in den folgenden Spielen von seinen teuren Offensivkräften abermals enttäuscht. In Berlin traf der 17-jährige Hoffnungsträger eine Minute nach seiner Einwechslung. Dass der HSV wieder einmal durch stümperhaftes Abwehrverhalten bei Standards verlor, schien egal. Arp hatte getroffen. Zusammen mit Ito ergab sich eine völlig andere Dynamik im Hamburger Angriff. In den kommenden Spielen durfte der Shootingstar von Beginn an auflaufen. Die Heimsiege gegen Stuttgart (3:1) und Hoffenheim (3:0) waren für HSV-Verhältnisse Offensivfeuerwerke. Auch im Auswärtsspiel beim FC Schalke 04 hatten Gisdols Männer lange ernsthafte Chancen auf einen Sieg.

Unnötige Punktverluste im Dezember

Hamburg schien auf dem Weg der Besserung. Da nahmen die Verantwortlichen auch gerne ein schlimm anzusehendes 0:0 beim SC Freiburg mit. Nur zu gerne legten sich die Hamburger mit TV-Experte Matthias Sammer an, der die mangelnde Offensivlust der Rothoseb in diesem Spiel kritisierte. Die Lust war in den folgenden Spielen gegen den VfL Wolfsburg und Eintracht Frankfurt immerhin wieder da. Doch aufgrund ungenügender Chancenverwertung und individuellen Defensivfehlern sprang nur ein Punkt heraus. Auch beim Hinrundenabschluss bei Borussia Mönchengladbach verlor das Team unnötig.

Durchwachsene Transferperiode im Sommer

Im Sommer gab der HSV 19 Millionen Euro für Neuzugänge aus. Abwehrchef Kyriakos Papadopoulos wurde nach seiner Leihe fest verpflichtet. Dazu kamen Außenstürmer André Hahn, Abwehrtalent Rick van Drongelen und das Torwarttalent Julian Pollersbeck. Mit Papadopoulos und van Drongelen sind die Rothosen gewiss zufrieden. Hahn und Pollersbeck gehörten zu den Sorgenkindern der Hinrunde. Den einzigen Transfererlös brachte der Wechsel von Michael Gregoritsch zum FC Augsburg ein. 

Mehmedi und ein Sechser zum HSV?

Gegenwärtig halten sich beim HSV Gerüchte um einen Wintertransfer von Admir Mehmedi. Der Leverkusener kann im Angriff und im offensiven Mittelfeld jede Position bekleiden und würde der Mannschaft von Gisdol sicherlich nicht schaden. Doch die Prioritäten des Bundesliga-Dinos sollten in der Zentrale liegen. Kein einziger Sechser schafft es aktuell das Hamburger Spiel zu gestalten. Gideon Jung und Gotoku Sakai haben ihre Stärke in der Verteidigung, Ekdal ist zu häufig verletzt und Walace konnte seine Bundesliga-Tauglichkeit auch in seiner zweiten Halbserie nicht unter Beweis stellen. Werder Bremen schaffte durch eben so einen Transfer in Person von Thomas Delaney den Turnaround in der letzten Spielzeit. Zudem könnte ein neuer Torwart die Entscheidung zwischen Pollersbeck und Christian Mathenia schnell hinfällig machen.

Prognose

Im Vergleich zu vorigen Spielzeiten ist der HSV nicht mehr zu schlecht für die Bundesliga. Mit nahezu jedem Gegenüber konnte Gisdols Mannschaft im Spiel mithalten. Doch unerklärliche Leistungsschwankungen der ganzen Mannschaft (wie zum Beispiel die erste Halbzeit gegen Frankfurt) sowie einzelner Spieler zerstören häufig die Chancen auf dauerhafte Punktgewinne. Im Wintertrainingslager muss der HSV eine greifende Idee für den Spielaufbau finden. Ansonsten wird die junge Sturmhoffnung Fiete Arp im Kampf gegen den Klassenerhalt nicht mehr viel ausrichten können.