Bei Hertha BSC läuft es derzeit alles andere als rund. Der Hauptstadtklub startete wieder einmal mit hohen Ambitionen in die Saison. Allerdings sind die Verantwortlichen der Hertha spätestens nach dem Rückrundenauftakt wieder auf dem harten Boden der Realität angekommen. Nach vier Spielen und vier Niederlagen, bei denen der aktuelle Tabellensiebzehnte ein Torverhältnis von 1:13 aufwies, befindet sich die „alte Dame“ im Abstiegskampf.
Diese negative Miesere gipfelte endgültig in der Entlassung von Sport-Geschäftsführer Fredi Bobic. Allerdings begann sie nicht mit Bobic, sondern viel mehr mit dem Einstieg des Investors Lars Windhorst mit der Investmentgruppe Tennor Holding B.V. im Juni 2019. Damals kam der Investor mit vielen Versprechen zur Hertha und wollte den Traditionsverein zu einem „Big City Club“ umkrempeln und wieder auf die internationale Bühne des Fußballs bringen. Vier Jahre und 374 Millionen Euro später ist die Bilanz dieser Kooperation jedoch ernüchternd. Inzwischen will Windhorst seine Anteile wieder verkaufen.
Betrachtet man die nackten Zahlen dieser Zusammenarbeit, wird schnell klar, warum dieses Projekt gescheitert ist. Seit Juni 2019 hatte Berlin acht verschiedene Trainer und keiner hatte auch nur die Zeit etwas aufzubauen. Stattdessen musste Felix Magath in der letzten Saison als Feuerwehrmann einspringen und den Traditionsverein in der Relegation retten. Zudem lebte der Verein oft über seinen Verhältnissen, kaufte millionenschwere Spieler mit teuren Gehältern, die allesamt nicht einschlugen.
Mittlerweile stehen einige von ihnen bereits bei anderen Vereinen unter Vertrag, siehe Krzysztof Piatek (US Salernitana), Dedryck Boyata (Club Brügge) oder Santiago Ascacibar (Club Estudiantes). Dadurch fehlt es im Kader selbst und in der Führung an Konstanz.
Nun will Hertha BSC Präsident Kay Bernstein einen neuen Weg einschlagen. Zuletzt stärkte er den viel kritisierten Trainer Sandro Schwarz und betonte, dass die Hertha wieder vermehrt auf die eigene Jugend setzen will. Ein weiteres Zeichen für diesen Weg ist die Einstellung von Benjamin Weber und Andreas „Zecke“ Neuendorf. Beide sollen jetzt gemeinsam die Aufgaben von Fredi Bobic übernehmen und zudem auch noch ein Bindeglied zwischen Jugend und Profikader sein.
Trotzdem sind die Verantwortlichen in Berlin weiterhin auf der Suche nach einem neuen Investor. Auch bei dieser Suche scheint der Bundesligist anscheinend fündig geworden zu sein. So soll das US-Unternehmen 777 Partners künftig die Anteile von Windhorst übernehmen und neuer Partner von Hertha BSC werden. Das Unternehmen ist kein unbeschriebenes Blatt in der Welt des Fußballs.
So ist es bereits Anteilshaber mehrerer Traditionsklubs, wie dem FC Sevilla, Standard Lüttich, Red Star FC, Genua CFC und Vasco da Gama. Das schürt bei vielen Hertha-Fans die Befürchtung, dass der Hauptstadtklub zu einem Farm-Team werden und künftig zu einem Modell à la RB Leipzig gehören könnte.
„Das wirkt dann eher wie ein Produkt, als wie ein gewachsener Verein“, so die Sorge von Louis Richter, Sportjournalist und Hertha-Fan im „ZDF-Sportstudio“. Ob der Hauptstadtklub mit der neuen Marschroute endlich Ruhe und Konstanz in seine Leistungen bekommt, bleibt abzuwarten. Zuerst muss die „alte Dame“ erst einmal in der Liga punkten, um nicht in die Zweitklassigkeit abzurutschen. Das geschah zuletzt am 12. November 2022 gegen den 1. FC Köln.
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