Hertha BSC

Hertha BSC: Pal Dardai und die Suche nach dem optimalen System

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Die taktische Grundordnungen von Hertha BSC schwankten in dieser Saison bisher ebenso wie die Leistungen. Immer wieder wechselten sich Taktik-, Form- oder verletzungsbedingt verschiedene Systeme ab. Jedes davon hat seine Stärken und Schwächen und ist für einzelne Spieler mehr oder weniger gut geeignet. Welche Systeme Hertha-Trainer Pal Dardai am häufigsten einsetzt und wie viele Punkte ihm seine taktischen Kniffe jeweils bescheren, haben wir uns einmal genauer angesehen.

Das verlässliche 4-2-3-1-System

Dardai hat einen recht deutlichen Favoriten, wenn es um taktische Grundausrichtungen geht. Das 4-2-3-1-System mit zwei Sechsern und einem Zehner im Zentrum ist im modernen Fußball weit verbreitet und bietet vor allem Stabilität in der Defensive und im Mittelfeld. Bei gegnerischem Ballbesitz können die offensiven Außenspieler zusammen mit den beiden Sechsern eine zweite Viererkette vor der Abwehrreihe bilden und so enorme Kompaktheit erreichen. Im Spiel nach vorne hingegen fällt es aufgrund der eher defensiveren Ausrichtung ab und an schwer, ein Kombinationsspiel aufzubauen. Daher wird bei der 4-2-3-1-Formation zumeist auf Konter gesetzt. Oder aber einer der beiden defensiven Mittelfeldspieler bekommt die Aufgabe, das Spiel nach vorne zu unterstützen, während sein Nebenmann stets für die Absicherung verantwortlich ist. So wird das System bei eigenem Ballbesitz eher zum 4-1-4-1. Bei der Hertha wechseln sich im Optimalfall in dieser Rolle Marko Grujic und Arne Maier ab.

Von den bisher 23 Pflichtspielen, die die Berliner in dieser Saison absolviert haben, liefen sie etwa jedes zweite Spiel im 4-2-3-1 auf. Dardai schätzt die Stabilität und Ordnung des Systems. Außerdem sieht er in seinen zwei spielstarken Sechsern trotzdem noch genug Potenzial im Offensivspiel. Herthas Bilanz mit diesem System ist ordentlich. 19 Punkte aus zwölf Spielen bei einem Torverhältnis von 23:17, dabei nur drei Niederlagen. Unter den fünf geholten Siegen finden sich sehr überzeugende Vorstellungen gegen Schalke, Bayern (jeweils 2:0) und die beiden furiosen Siege gegen die starken Gladbacher (4:2, 3:0).

Fragezeichen hinter der Doppelspitze

Eine Variante, die für mehr Offensivpower sorgen soll, ist das klassische 4-4-2. In der Doppelspitze kann Dardai seine beiden Top-Stürmer Davie Selke und Vedad Ibisevic nebeneinander agieren lassen. Auch Salomon Kalou kann einen der beiden Plätze einnehmen. Das System hat jedoch einen Haken, durch den es mittlerweile größtenteils aus der Mode gekommen ist. Im zentralen Mittelfeld findet man sich nahezu durchgängig in Unterzahl, da die Formation nur zwei zentrale Mittelfeldspieler vorsieht. Da die meisten anderen Systeme drei oder mehr Spieler im Zentrum agieren lassen, fehlt durch das 4-4-2 häufig der Zugriff.

Dardai hat sich hierfür jedoch eines taktischen Kniffes bedient. So kann seine Mannschaft variabel in ein 4-1-2-1-2 übergehen, also eine Raute im Mittelfeld bilden. Das wird dadurch erreicht, dass die offensiven Außenspielern in die Mitte ziehen und dadurch vier zentrale Mittelfeldspieler auf dem Platz stehen. Somit wendet sich das Blatt und die Hertha hat wiederum selbst gegen die meisten Teams eine Überzahl im Mittelfeld. Die ehemaligen offensiven Außenakteure haben jedoch dann viel Laufarbeit zu verrichten, da sie weiterhin den Verteidigern auf den Flügeln aushelfen müssen.

Das 4-4-2 wählte Dardai in dieser Saison bisher vier Mal mit durchwachsenem Erfolg. Auf zwei Siege gegen Hannover und Frankfurt folgte eine enttäuschende Niederlage in Stuttgart und ein Unentschieden gegen Augsburg. Das Hauptziel dieses Systems ist für Dardai, beide seiner Top-Stürmer auf den Platz zu bringen. Die beiden harmonieren auch hervorragend, jedoch stellt sich die Frage, ob dies die Abstriche in anderen Mannschaftsteilen wert ist.

Die Dreierkette als Trend

Beide von Dardais Varianten unterscheiden sich jedoch enorm. Das 3-5-2 lässt sich im Mittelfeld wie das 4-2-3-1 aufbauen, mit zwei Sechsern und einem Zehner im Zentrum. Dadurch wird gewährleistet, dass man im wohl wichtigsten Bereich des Feldes nicht die Überzahl und damit den Zugriff auf das Spiel verliert. Außerdem kommt über den zusätzlichen Stürmer in der Doppelspitze offensives Potenzial hinzu.

Die Schwäche des Systems ist dagegen die Anfälligkeit auf Außen. Die beiden Außenspieler sind eine Mischung aus Mittelfeldspieler und Verteidiger, müssen die ganze Linie permanent beackern. Bei eigenem Ballbesitz muss von ihnen das Spiel in die Breite gezogen werden, für offensive Laufwege steht aufgrund des Mangels an weiteren Außenspielern die ganze Seitenbahn offen. Hat der Gegner aber den Ball, wird die Dreierkette in Kombination mit den Außenspielern zur Fünferkette. Dafür braucht es geeignete Spielertypen und die nötige taktische Disziplin. Zur Absicherung ist es meist ein Mittel, das maximal einer der beiden Außenspieler mit nach vorne geht, abhängig davon, auf welcher Seite der Ball sich befindet. Der absichernde Außenspieler kann dann im Falle eines Ballverlusts im Umschaltspiel mit den verbleibenden Verteidigern eine Viererkette bilden.

Diese Schwäche besteht auch in der anderen Variante der Dreierkette, dem 3-4-3. Allerdings kommt noch hinzu, dass dieses System nur zwei zentrale Mittelfeldspieler aufweist. Dadurch entsteht das gleiche Problem wie im 4-4-2, der bereits angesprochene Zugriff im Zentrum ist wenig bis gar nicht zu erreichen. Da die meisten anderen Systeme drei zentrale Mittelfeldspieler beinhalten, findet man sich im Mittelfeld konstant in Unterzahl. Das ist der Preis für die geballte Offensivkraft, die von dem Sturmtrio in der Spitze ausgeht.

Mäßiger Erfolg

Dardai hat das Personal, um beide Systeme mit Dreierkette erfolgreich spielen zu lassen. Das 3-5-2 erlaubt ihm, die Doppelspitze einzusetzen, ohne im Mittelfeld Abstriche machen zu müssen. Die Bilanz mit diesem System ist ausgeglichen, Hertha holte in fünf Spielen einen Sieg gegen Nürnberg und drei respektable Unentschieden gegen Schalke, Dortmund und Bremen, verlor aber auch das Spiel gegen Wolfsburg Anfang des Jahres.

Das 3-4-3 wiederum bietet sich an, um das volle Offensivpotenzial vor allem über außen auf den Platz zu bringen. Gegen schwächere, tief stehende Gegner ist es ein gutes Mittel, so brachte es Hertha gegen Braunschweig im Pokal und gegen Nürnberg zum Saisonauftakt jeweils drei Punkte ein. Allerdings zeigt sich gegen spielstarke Mannschaften die Kehrseite der Medaille, gegen Leipzig kamen die Berliner im 3-4-3 mit 0:3 unter die Räder. Auch wählt Dardai bewusst keine Dreierkette gegen Mannschaften wie Bayern München, die mit enorm offensiven Außenverteidigern agieren. Das ständige Überlaufen von Spielern wie Alaba oder Kimmich kreiert für den Gegner der Bayern Unterzahl auf dem Flügel. Bei einem so gut eingespieltem Team ist das für die Außenverteidiger der Dreier- beziehungsweise Fünferkette ohne Unterstützung eines weiteren Außenspielers dann kaum noch zu verteidigen.

Variabilität ist die Devise

Am Ende des Tages gibt es für Dardai kein optimales System. Die Wahl seiner taktischen Grundordnung hängt immer von verschiedenen Faktoren ab. Das zur Verfügung stehende Personal, die Ausrichtung des Gegners, die Form der einzelnen Spieler und natürlich Dardais Bauchgefühl, das die endgültige Entscheidung spätestens im Zoo trifft. Aufgrund seiner Stabilität, die sich auch in den Ergebnissen widerspiegelt, ist das 4-2-3-1 der Favorit des Ungarn. Doch die taktische Variabilität von verschiedenen Systemen hat er immer in der Hinterhand.

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