X-Faktor Grujic – ein Leihspieler ist Herthas Schlüssel zum Erfolg
Hertha BSC hat eine durchwachsene Hinrunde hingelegt. Starke Phasen gezeichnet von erfolgreichem Fußball wechselten sich mit Wochen der Erfolglosigkeit ab. Fehlende Konstanz und eine ellenlange Verletztenliste sind die Hauptprobleme der Berliner. Allerdings steht und fällt das Spiel des Hauptstadtklubs vor allem mit einem Akteur. Leihspieler Marko Grujic ist Herthas X-Faktor.
Marko Grujic: Ein besonderer Spielertyp
Olympiastadion Berlin. Es läuft die 40. Minute im Topspiel zwischen Hertha BSC und Eintracht Frankfurt. Vor halbleeren Rängen findet Marvin Plattenhardt mit einer Ecke den Kopf von Marko Grujic. Einen Moment später schlägt der Ball im linken Eck ein. Torwart Kevin Trapp hat die Fingerspitzen noch dran, ist am Ende aber machtlos, Grujic dreht zum Jubeln ab. Von den rund 43.000 Menschen im Berliner Olympiastadion, freut sich wohl keiner so sehr, wie der Torschütze selbst. Es ist sein erstes Tor, ein entscheidendes, da es am Ende das einzige an diesem Abend bleiben soll. Grujics Premiere beschert den Hauptstädtern drei wichtige Punkte gegen den Mitkonkurrenten aus Frankfurt.
Trainer Pal Dardai bezeichnet ihn auf der anschließenden Pressekonferenz als den „mit Abstand besten Mittelfeldspieler“, den er in über 20 Jahren bei Hertha erlebt habe. Hohes Lob vom Ungarn, der in seiner Zeit in Berlin mit Hochkarätern wie Marcelinho oder Kevin-Prince Boateng arbeiten durfte. Was hebt also den gerade einmal 22-jährigen Marko Grujic von anderen Spielern ab? Es ist keine einzelne außergewöhnliche Fähigkeit, es ist das Gesamtpaket. In einer Ära des Fußballs, in der komplette Mittelfeldakteure unheimlich gefragt sind, weil sie schlichtweg nahezu alles können müssen, ist Grujic ein Juwel. Technisch stark und enorm ballsicher, aber gleichzeitig dank seiner Größe und Statur auch körperlich robust und zweikampfstark. Offensiv wie defensiv eine Präsenz im engsten Raum auf dem Feld. Die Eleganz und die Bewegungen, die Grujic trotz seiner 1,91 Meter Körperlänge im Repertoire hat, machen ihn zu einem einzigartigen Spielertypen.
Seine Schwäche ist die Effektivität. Der Siegtreffer am Samstag war seine erste Torbeteiligung im 7. Spiel. Er hat alle Voraussetzungen, um Chancen zu erarbeiten. In der finalen Entscheidungsfindung ist er aber noch zu uneffizient vor dem Tor, was sich in fehlenden Scorerpunkten äußert.
Verletzungspausen offenbaren Stellenwert des Serben
Wie wichtig Grujic dennoch für sein Team ist, spiegelt sich erschreckend deutlich in Herthas Statistik wieder. Mit Grujic auf dem Platz ist der Hauptstadtklub in dieser Saison noch ungeschlagen, hat dabei fünf von sieben Spielen gewonnen. Ohne ihn gab es in sieben Spielen nur einen Sieg, einzig das Duell gegen Bayern München konnten die Herthaner gewinnen. Als der serbische Nationalspieler es Ende November gegen Hoffenheim nach einer zweimonatigen Verletzungspause zurück in den Kader schaffte, war die Hertha vom zweiten Rang auf Platz acht abgerutscht. Grujic kehrt zurück, das Team holt sieben Punkte aus den nächsten drei Spielen und ist im Rennen um die internationalen Plätze wieder mittendrin.
Nur vier Tage nach seinem Siegtor gegen Eintracht Frankfurt verletzt sich Grujic erneut. Ein Treffer auf das linke Sprunggelenk im Zweikampf mit Vladimir Darida im Trainingsspiel hatte eine Bänderverletzung zur Folge. Grujic fällt für den Rest der Hinrunde aus. Aus den letzten drei Spielen im Jahr 2018 holt Hertha ohne Grujic nur einen Punkt. Die Diskrepanz in den Leistungen der Berliner mit und ohne den Mittelfeldspieler ist offenkundig.
Zukunft bei Hertha offen
Grujics Wert ist auch Michael Preetz bewusst. Der Manager der Berliner sieht zwar Vereinslegende Marcelinho im internen Mittelfeldspieler-Ranking noch vor Grujic, macht aber keinen Hehl daraus, dass er den Serben gerne über die Saison 2018/19 hinaus halten möchte. Grujics bisherige Leistungen sind allerdings nicht im Verborgenen gebliebenen. Er weckt Begehrlichkeiten anderer Klubs. Preetz müsste für ihn übermäßig tief in die Tasche greifen, weshalb eine feste Verpflichtung des Leihspielers vom FC Liverpool eher unrealistisch ist. Sollte Liverpools Trainer Jürgen Klopp nicht plötzlich Verwendung für den hochveranlagten Mittelfeldspieler finden, wird es auf eine weitere Leihe des Serben hinauslaufen
Auch Grujic selbst, der neben dem Platz eher ruhig und gelassen wirkt, hat sich unlängst in einem Interview mit der B.Z. geäußert. Es sei langfristig sein großes Ziel, bei Liverpool Stammspieler zu werden. Er betont aber auch, wie wohl er sich in Berlin fühle. Und nun? „Ich habe Zeit. Ein weiteres Jahr bei Hertha würde mir gut tun“, so der junge Serbe. Sollte man im Sommer an der Anfield Rod erneut an einer Leihe des 22-Jährigen interessiert sein, hat Michael Preetz gute Chancen, dass Grujic wieder in Berlin landet und die Herthaner ein weiteres Jahr begeistern darf.