Die Walace-Posse: Eine typische HSV-Geschichte
Es ist wieder so eine typische Geschichte: Im vergangenen Winter holten der Hamburger SV Walace Souza Silva für über neun Millionen Euro von Gremio Porto Alegre. Jetzt, 12 Monate und 20 Bundesligaspiele später, deutet sich schon wieder der Abgang des Brasilianers an. Walace hat auf den HSV keine große Lust mehr. Und auch die Hamburger Verantwortlichen haben genug vom Verhalten des 22-Jährigen.
Es war der 1. Januar dieses noch jungen Jahres. Gegen 14:00 Uhr traf sich der Tross der Hanseaten am stadteigenen Flughafen, bereit zum Abflug ins Trainingslager nach Spanien. Ganz vollzählig waren die Hamburger allerdings nicht. Mittelfeldspieler Walace fehlte. „Er hat seinen Urlaub aus privaten Gründen eigenmächtig verlängert. Das haben wir aber nicht akzeptiert. Es wird eine Strafe geben“, sagte HSV-Sportdirektor Jens Todt damals. Während seine Kollegen also bereits wieder die Arbeit aufnahmen, weilte Walace noch in seinem Heimatland Brasilien. Die Gründe dafür? Der 22-Jährige will die Bundesliga schon wieder verlassen.
Walace braucht Stammplatz für WM-Nominierung
Vier Tage hat es dann gedauert, bis Walace am 4. Januar im spanischen Trainingslager eingetroffen war. Mit dabei: sein Berater und ständiger Begleiter Rogerio Braun. Braun versucht seit Wochen, einen Abnehmer für seinen Klienten zu finden. Kurz nach Walace’ Ankunft im Trainingslager wird jedoch klar: Zaghaftes Interesse gibt es derzeit wohl nur von Vereinen aus der brasilianischen Liga. Für den Olympiasieger, der sich bei den Rothosen in zwölf Monaten keinen Stammplatz erspielen konnte, wäre ein Wechsel vor allem für eine mögliche WM-Nominierung sehr wichtig.
HSV-Trainer Markus Gisdol könnte die Fähigkeiten von Walace, der erst im vergangenen Winter für 9,2 Mio. Euro an die Elbe wechselte, aufgrund des dünnen Hamburger Kaders dabei gut gebrauchen. Doch bekannt ist auch, dass der 48-Jährige bei Fehlverhalten keinen Spaß versteht. Luca Waldschmidt wurde beispielsweise über Wochen nicht in den Profikader berufen, weil er nach einer langen Nacht verspätet zum Training kam. Vor einem Jahr wurde Emir Spahic wegen Disziplinlosigkeit sogar einfach gefeuert. Was er nun genau mit Walace vorhat, bleibt unklar. Ein „weiter so“ wird es aber sicherlich nicht geben.
Mineiro bietet wohl 8,5 Millionen Euro
Zu Ende ging die Hamburger Reise nach Spanien am vergangenen Wochenende. Seit Montag ist die Mannschaft wieder in Hamburg, auch Walace ist (noch) dabei. Berichte über das Interesse aus seinem Heimatland Brasilien werden nun konkreter. „Über seinen Berater wissen wir, dass zwei Vereine ihn gerne verpflichten möchten. Ein Angebot liegt uns aber nicht vor”, erklärte Jens Todt daraufhin der „Welt“. Atlético Mineiro und Flamengo Rio de Janeiro sind offenbar die Vereine, die Walace zurück nach Brasilien lotsen wollen. Mineiro ist dem Vernehmen nach sogar bereit, 8,5 Millionen Euro für den Mittelfeldspieler zu bezahlen. Die Verhandlungen sollen noch in dieser Woche beginnen.
Dass Walace beim HSV in dieser Saison noch einmal groß aufspielt, erwartet intern unterdessen niemand mehr. Zu groß ist der Druck, der in dieser Spielzeit mal wieder auf den Hamburger Spielern lastet. Zu klein ist die Bereitschaft des defensiven Mittelfeldspielers, sich für die Hamburger vollends aufzuopfern. Trainer Gisdol wünscht sich zudem neue Spieler, die ohne Einnahmen nicht zu finanzieren wären. Es heißt, der HSV suche zwei neue Kräfte für das defensive und offensive Mittefeld. Leipzigs Dominik Kaiser und Evertons Muhamed Besic sind für diese Positionen die derzeit wohl aussichtsreichsten Kandidaten, die Walace in Hamburg ersetzen – und dem Brasilianer bei entsprechender Ablöse einen Wechsel ermöglichen könnten.