Kaderanalyse Eintracht Frankfurt: Zwischen Europa und Abstiegskampf
Neunter Platz in der Bundesliga, Halbfinale im DFB-Pokal und Achtelfinale in der Europa League – Eintracht Frankfurt war in der vergangenen Spielzeit bis zum Schluss in allen Wettbewerben gefordert. Seit dem knapp geglückten Klassenerhalt 2016 legte der Verein eine bemerkenswerte Entwicklung hin. Pokalsieg, Europa-League-Halbfinale und Rekordeinkünfte durch die „Büffelherde“ ließen die Herzen der Fans höher schlagen. Nach zwei ereignisreichen Jahren im europäischen Wettbewerb steht der SGE jetzt eine ruhigere Saison bevor.
Kern der Mannschaft bleibt gleich
Ruhiger geht es nicht nur im Frankfurter Spielplan zu, auch die Transferaktivitäten beschränken sich bislang auf ein Minimum. Allein durch die Corona-Krise seien dem Verein 20 Millionen Euro verloren gegangen, erklärte Sportchef Fredi Bobic Anfang Juli. Immerhin: Der Eintracht-Kader mit seinen Führungsspieler aus der Vorsaison bleibt weitgehend zusammen. Für die Verantwortlichen ist (ausnahmsweise) kein personeller Umbruch zu managen. Ein wichtiger Baustein stellt auch die vorzeitige Vertragsverlängerung des Trainerteams um Chefcoach Adi Hütter bis 2023 dar.
Im Frankfurter Tor gibt es eine klare Rangfolge, Kevin Trapp ist gesetzt. Die Nummer eins hat ihren Posten gegenüber Konkurrent Frederik Rönnow gefestigt. Gerüchte um einen Abgang von Trapp gab und gibt es trotzdem immer wieder. Der 30-Jährige stellte jedoch zu Vorbereitungsbeginn klar, dass er nie über einen Transfer nachgedacht habe.
Wechselt Kapitän Abraham im Winter?
Ähnliches berichteten die Medien über Abwehrkante Martin Hinteregger. Doch er wird in naher Zukunft in Frankfurt bleiben. Für das Team ist „Hinti“ besonders wertvoll, avancierte er letzte Saison zu einem der torgefährlichsten Innenverteidiger Europas. Routinier Makoto Hasebe hingegen musste zuletzt altersbedingt etwas kürzertreten. Obendrein könnte der bisherige Abwehrchef und Kapitän David Abraham im Winter nach Argentinien heimkehren. Gut möglich, dass sich Hasebe und Hinteregger dann die Verantwortung teilen. Als Alternative bietet sich noch der junge Brasilianer Tuta an. Der 21-Jährige tankte während seiner Leihe in Belgien viel Selbstvertrauen.
Ob wiederum Rückkehrer Jetro Willems und Simon Falette erneut bei der SGE angreifen, ist fraglich. Linksverteidiger Willems war länger verletzt und könnte sich dauerhaft Newcastle anschließen. Falette wird als weiterer Innenverteidiger bei Hannover 96 gehandelt. Eins steht fest, die Verantwortlichen würden den Beiden im Falle eines konkreten Angebots keine Steine in den Weg legen.
Ausdünnung im Mittelfeld
Im Frankfurter Mittelfeld haben sich währenddessen einige Ersatz- und Ergänzungsspieler verabschiedet: Lucas Torro (CA Osasuna, zwei Millionen Euro Ablöse), Gelson Fernandes (Karriereende), Jonathan de Guzman (vereinslos), Rodrigo Zalazar (Leihe zu St. Pauli) und Pokalheld Mijat Gacinovic (Hoffenheim, Tauschgeschäft). Im Gegenzug kam Steven Zuber von der TSG in die Mainmetropole. Der Schweizer ist dafür bekannt, im zentralen Mittelfeld Akzente zu setzen. Bei der SGE soll er ebenfalls als Ersatz für Dauerläufer Filip Kostic auf Linksaußen fungieren.
Neu, beziehungsweise zurück, ist auch Aymen Barkok. Der gebürtige Frankfurter war zwei Jahre nach Düsseldorf ausgeliehen. Inwieweit er eine relevante Rolle unter Hütter einnehmen kann, ist schwer vorherzusagen (nur 18 Pflichtspiele bei der Fortuna). Relevant ist ohne Frage Kreativspieler Daichi Kamada. Der Japaner macht Lust auf mehr und glänzte letztes Jahr phasenweise mit toller Technik, starker Übersicht und hoher Spielintelligenz. Verhandlungen über eine Verlängerung des 2021 auslaufenden Arbeitspapiers laufen bereits. Auch die Leistungen vom defensiven Dominik Kohr nach der Corona-Pause machen Mut.
Gut besetzter Angriff mit Ladehemmungen
Noch besser und treffsicher präsentierte sich nach der Unterbrechung Andre Silva. Der zuletzt noch ausgeliehene Portugiese vom AC Mailand unterschrieb gerade erst einen festen Vertrag bis 2023. Ein wichtiges Signal für den ganzen Verein. Generell ist die Offensive der Adler auf den ersten Blick breit besetzt. Genauer betrachtet offenbaren sich Schwachstellen: Es fehlt dem Angriff an Geschwindigkeit und dem richtigen Durchsetzungswillen. Neben Silva traf kein weiterer Stürmer regelmäßig.
Für Abhilfe könnte vielleicht Neuzugang Ragnar Ache sorgen. Der Transfer des 22-Jährigen wurde schon vergangenes Jahr mit Sparta Rotterdam eingefädelt. Zurzeit auch für das U21-Nationalteam aktiv, bringt Ache viel Geschwindigkeit und Durchsetzungskraft mit. Der gebürtige Frankfurter steht noch am Anfang seiner Entwicklung und hat den Konkurrenzkampf mit dem jungen Dejan Joveljic gewonnen. Dieser wurde erneut ausgeliehen, diesmal zum Wolfsberger AC. Möglicherweise tut sich im Angriff der Adler noch etwas. Dem FC Brügge wird intensives Interesse an Wandervogel Bas Dost nachgesagt, der vergangene Saison unter den Erwartungen blieb.
Konstanz ist der Knackpunkt
Was kann also von den Frankfurtern in der neuen Saison erwartet werden? Grundsätzlich ist alles drin. Das sah man schon letzte Saison, als die Mannschaft im Auf und Ab zwischen Europa und Abstiegskampf steckte. Schafft es die Mannschaft endlich mehr Konstanz auf den Rasen zu bringen und ihr fehlerbehaftetes Aufbauspiel zu verbessern, ist ein einstelliger Tabellenplatz möglich. Dazu müssen jedoch Spieler wie Verteidiger Ndicka oder Mittfeldakteur Sow ihre schwankenden Leistungen in den Griff kriegen.
Europa scheint im Moment in zu weiter Ferne für die Frankfurter. Die Konkurrenz in dieser Tabellenregion hat mehr Budget zu Verfügung und ist qualitativ besser aufgestellt. Von hoher Bedeutsamkeit ist deshalb auch ein Verbleib von Kostic. Sollte der Serbe entgegen der aktuellen Erwartungen den Verein verlassen (zuletzt Monaco-Gerüchte), käme zwar neues Transferbudget in die Kasse, jedoch wäre ein Abgang spielerisch nicht aufzufangen. Weiterhin braucht die SGE auf der rechten Außenbahn unbedingt noch einen neuen Spieler.
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