Hinrundenfazit: Das Drama des 1. FC Köln in drei Akten
Noch bevor die 55. Bundesliga-Saison für den 1. FC Köln richtig los ging, war das Desaster der Geißböcke schon vorprogrammiert. Von der Modeste-Theatralik zum Abflug von Jörg Schmadtke. Mit der roten Laterne im Fenster des Geißbockheims zum besiegelten Zerfall der wohl erfolgreichsten FC-Ära seit 25 Jahren. Die missglückte Hinrunde, ein Drama in drei Akten.
Modeste-Poker bringt Unruhe
Mit der sicheren Europapokal-Teilnahme in der Tasche, und damit dem größten Kölner Erfolg der vergangenen 25 Jahre, ging es für Trainer Peter Stöger in die Sommerpause. Voller Vorfreude blickte man in der Rheinmetropole bereits auf die neue Saison. Doch viel Zeit zum Feiern gab es für die Geißböcke nicht. Bereits zwei Tage nach Ende der vergangenen Saison ging es für den Klub ins Reich der Mitte.
Vier Tage Promo-Tour durch China standen auf dem Plan der FC-Führung. Ziel der Reise: Die Zusammenarbeit mit dem chinesischen Erstligisten Liaoning FC besiegeln und so Eintritt in einen neuen Absatzmarkt bekommen. Beim anschließenden 5:0 Testspielerfolg gegen den neuen Partnerverein beflügelte Anthony Modeste noch ganz besonders. Kölns Topstürmer (25 Tore) sammelte auch im Testspiel weiter fleißig Scorerpunkte und erzielte zwei der insgesamt fünf Tore.
Doch schon vor Beginn der Vorbereitung nahm die Theatralik um Kölns Topscorer seinen Lauf. Die Chinesen lockten Modeste bereits seit der Winterpause mit bis zu 15 Millionen Euro Jahresgehalt. Der 29-Jährige war sich mit seinem möglichen neuen Arbeitgeber bereits einig. Und auch die Verhandlungen zwischen den beiden Vereinen waren weit fortgeschritten. Nicht zuletzt, weil die im Raum stehende Ablösesumme von 35 Millionen Euro einen Einnahmerekord am Rhein bedeuten würde. Doch Kölns Geschäftsführung unter Ex-Sportvorstand Jörg Schmadtke erklärte die Gespräche mit den Chinesen plötzlich für beendet. Es könnte „keine Einigung aller Parteien für einen möglichen Transfer erzielt werden“ hieß es in einem Statement. Diese Aussage des kölschen Clubs war die vorerst letzte Eskalationsstufe des langwierigem Hin und Hers über Wochen. Doch nach dem Hickhack lenkte der Effzeh letztlich ein und ließ den Franzosen für rund 30 Millionen Euro ins Land der aufgehenden Sonne wechseln.
Der unterirdische Ligastart in Köln
Nachdem Anthony Modeste noch während des ersten Trainingslagers den Abflug nach China machte, arbeitete der FC-Kader zu Beginn der Vorbereitung an seiner Fitness für die anstehende Dreifachbelastung. Intern begann mit dem Drama um Modeste das Band zwischen Trainer Peter Stöger und Schmadtke zu reißen. Die vom damaligen Sportvorstand getätigten Transfers wurden immer mehr zu Konfliktpunkten.
Kein brauchbarer Ersatz für den wegfallenden Mittelstürmer Modeste, kein torgefährlicher Flügelspieler und kein Sechser. Schmadtke setzte nicht um, was mit den Transfereinnahmen möglich gewesen wäre. Statt der benötigten Stärke durch erfahrene Spieler wurden Youngsters und Talente verpflichtet. Das sich andeutende Drama zeigte sich bereits in der Vorbereitung. Die Kölner gewannen lediglich eines ihrer Testspiele.
Das Erstrunden-Spiel im DFB-Pokal beim niedersächsischen Regionlligisten Leher TS sollte noch Balsam für die Seele sein. Hier setzten sich die Geißböcke mit 5:0 durch. Die darauffolgenden Partien in der Liga waren jedoch der Start in die Pleitenserie für die Domstädter. Nur einen Punkt aus sechs Spielen konnte der FC nach dem 0:0 bei Aufsteiger Hannover 96 verbuchen. Auch die lang ersehnte Europa League-Teilnahme bescherte den Kölnern keinen Erfolg. Sowohl das Spiel beim FC Arsenal (3:1), als auch das erste Europapokal-Heimspiel seit einem Vierteljahrhundert gegen Roter Stern Belgrad (0:1) endeten nicht erfreulich.
Ein weiterer Wermutstropfen: Bei der Niederlage gegen die „Gunners“ zog sich Nationalspieler Jonas Hector einen Syndesmosebandriss zu und sollte über die Hinrunde hinaus fehlen.
Zerwürfnis mit Sportvorstand Schmadtke
Nach der dritten Niederlage in der Europa League-Gruppenphase wurden in der Länderspielpause die Spannungen im Klub größer. Die Unstimmigkeiten zwischen Stöger und Schmadtke verhärteten sich. Nur einen Tag nach dem Punkterfolg gegen den direkten Konkurrenten Werder Bremen stehen die Zeichen beim Sportvorstand in Köln gen Abflug. Ein Zwist mit dem Präsidium führt zum Zerwürfnis und Abschied des Managers. Der FC ist sportlich plötzlich führungslos und auch Trainer Stöger wackelt.
Nicht nur die Schwierigkeiten in Kölns Geschäftsführung bereiten den Geißböcken Probleme. Die langen Ausfälle von Jonas Hector, Marcel Risse, Leonardo Bittencourt, Simon Zoller, Dominique Heintz und Marco Höger tragen zum Misserfolg bei. Im ersten Europapokal-Heimspielerfolg gegen Arsenal (1:0) bekommt Noch-Trainer Peter Stöger gerade so einen 18er Kader zusammen. Doch selbst dieser kleine Triumph gegen die Londoner helfen dem Österreicher nicht mehr weiter.
Auch Stögers Stuhl wackelt
Mit nur zwei mageren Punkten aus 13 Spielen entscheidet sich der 1. FC Köln noch vor dem Spiel bei än FC Schalke 04 dazu, Peter Stöger am ersten Adventssonntag zu entlassen. An den Entlassungsplänen ändert sich auch nach dem 2:2 Punkterfolg auf Schalke am 15. Spieltag nichts mehr. Für Stöger und seinen Assistenten Manfred Schmid wird die Verabschiedung vor der Kölner Fankurve zum emotionalen Höhepunkt. Einen Tag später geben Präsident Werner Spinner und Geschäftsführer Alexander Wehrle die Trennung von Stöger bekannt und stellen Kölns U19-Coach Stefan Ruthenbeck als neuen Interimstrainer vor. Kurz darauf wird bekannt, dass Armin Veh die Nachfolge Schmadtkes übernehmen wird.
Aus den verblieben fünf Spielen in Liga, Pokal und Europa League kann Köln trotz des neuen Trainers nicht viel Profit ziehen. Im Spiel gegen den direkten Konkurrenten SC Freiburg bleiben nach einer fulminanten 3:0 Führung wertvolle Punkte liegen, nachdem die Breisgauer das Spiel noch zum schlussendlichen 4:3 drehten. Bei Roter Stern Belgrad scheidet man nach einer schwachen Vorstellung von Mannschaft und Fans aus dem Europapokal aus. Trotz eines hoffnungsbringenden 1:0-Sieg über den VfL Wolfsburg in der Liga scheitert Köln im DFB-Pokal-Achtelfinale an Schalke.
Prognose
Seit dem dritten Spieltag leuchtet im Fenster des Kölner Geißbockheims nun schon die rote Laterne. Mit neun Punkten Rückstand auf Tabellenplatz 16 zum Ende der Hinrunde scheint das Schicksal in der 55. Bundesliga-Saison für den 1. FC Köln fast schon besiegelt. Ob Kölns neuer Geschäftsführer Sport Armin Veh auf dem Transfermarkt zuschlägt und den Klub intelligent verstärken kann, bleibt abzuwarten. Was Interimscoach Stefan Ruthenbeck nach dieser miserablen Hinrunde noch retten kann, wird sich zeigen. Mit mageren sechs Punkten aus 17 Spielen haben sich die Kölner in die Winterpause verabschiedet. Man kann den Geißböcken nur wünschen das Drama aus dem Jahr 2017 und damit wohl dunkelste Kapitel der Vereinsgeschichte hinter sich zu lassen.