Warum Union Berlin schon lange den eigenen Charme verloren hat
„Wir aus dem Osten gehen immer nach vorn. Schulter an Schulter für Eisern Union“, so singt es Pop-Diva Nina Hagen in der Hymne von Union Berlin. So singen es auch bei jedem Heimspiel 22.012 Zuschauer. Doch was früher noch kultig war, trieft heute von erzwungener Tradition und vergessenen Werten. Wo früher noch gegen Sandhausen die Bratwurst mit Bier geholt wurde, wird heute der Champagner bei europäischen Topspielen am Mittwochabend ausgeschenkt. Union Berlin hat einen rasanten Aufstieg hingelegt. Für viele ein wahres Märchen. Doch wie sehr hat Union die Liebe aus alten Tagen verloren?
Werte verkauft – Einnahmen gewonnen
Woran erkennt man einen Fan von Union Berlin? Er wird es dir schon sagen. Und schon nach wenigen Minuten wird von der selbstgebauten Alten Försterei und dem gemeinsamen Weihnachtssingen erzählt. Union Berlin ist anders als viele Bundesligaclubs. Das ist klar. Aber inzwischen ist in Köpenick ein Punkt erreicht, in der die Realität und die Vorstellung der Eisernen viel weiter auseinandersteht, als man es sich je erträumt hat. Köpenick ist nicht mehr als eine Erinnerung an alte Zeiten. Union Berlin ist nicht einmal mehr die „hässliche Schwester“ der Hertha
Angefangen hat es schon mit dem ersten großen Deal 2019. Union Berlin schließt einen Vertrag mit dem neuen Hauptsponsor „Aroundtown“ ab. Das Immobilienunternehmen ist für einen großen Teil der explodierten Mieten in Berlin verantwortlich. Zu einem Drittel sogar in Treptow-Köpenick. Die Fans beschwerten sich. Nicht wissend, dass mit diesem Deal, der Kommerzzug erst richtig in Fahrt kommt. „Wer lässt sich nicht vom Westen kaufen? Eisern Union! Eisern Union!“ , singt Nina Hagen.
Es mag schon fast ironisch wirken, dass Union im internationalen Geschäft mit dem neuen Sponsor Paramount+ aufläuft. Präsident Dirk Zingler: „Union war schon immer ein Profi-Sportverein. Wir können damit umgehen und werden uns deshalb im Kern auch nicht verändern.“ Der Westen hat wohl doch etwas schlagfertigere Argumente gehabt. Denn sogar die Alte Försterei hat Union inzwischen hinter sich gelassen. Für die Spiele in Europa ziehen die Köpenicker ins Olympiastadion ein. Die Heimat des Rivalen Hertha BSC „Wir brauchten die Alte Försterei wie die Luft zum Leben!“, schreiben die Fans. Doch was ist schon ein bisschen Luft im Vergleich zu Rekordeinnahmen im Ticketing?
Neue Namen – Neue Probleme
Leonardo Bonucci von Juventus Turin, Robin Gosens von Inter Mailand oder David Datro Fofana vom FC Chelsea. Union Berlin hat für die neue Saison mächtig eingekauft. Schließlich möchte man sich in der Spitzengruppe festsetzen. Irgendwo in den Tiefen der Alten Försterei liegt vielleicht noch ein Trikot von Isco. Doch mit diesen neuen Top-Transfers kamen neue Herausforderungen, die Union so noch nie begegnet sind. So verweigert Fofana den Handschlag mit dem (damaligen) Trainer Urs Fischer oder Leonardo Bonucci lässt über Fabrizio Romano durchsickern, dass er nicht nach Berlin gekommen ist, um auf der Bank das schöne Wetter der Hauptstadt zu genießen. Starallüren ist hier das Stichwort und genau diese waren vorher bei den Eisernen fast gar nicht vorhanden.
Was macht es also mit den Köpenickern, dass sie, jetzt wo sie bei den großen Jungs sind, auch Probleme von großen Jungs haben? Trainer Urs Fischer musste gehen. Union Berlin ist aktuell in der schlimmsten Situation, die sie seit dem Aufstieg erlebt haben. Diese Lage wirkt ausweglos. Doch auch Nina Hagen wusste „Es kann nur einen geben! Eisern Union! Eisern Union! Wir werden ewig leben!“
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