Platz Sieben mit elf Punkten aus sechs Spielen – das ist die Bilanz von Borussia Dortmund in der laufenden Saison. Der BVB hadert nach dem Remis gegen Werder Bremen mit sich selbst. Und das zurecht, denn nur ein Sieg aus den letzten vier Ligaspielen entspricht kaum dem erhofften Ligastart. Während die verunsicherten Spieler ihre Erklärungsansätze suchen, muss Lucien Favre und das gesamte Team dringend gegen Prag in der Champions League und Freiburg in der Liga siegen, um den Anschluss zu wahren. Doch wie?
Roman Bürki und bilanzierte die Situation seiner Mannschaft am Samstag nach dem Remis mit den Worten: „Das ist ganz klar nicht der Saisonstart, den wir uns erhofft haben.“ Deutlicher fiel die Beurteilung von Axel Witsel aus: „Es ist kein Mentalitäts, sondern ein Qualitätsproblem.“ Ironischerweise attestierte Sportchef Michael Zorc dem BVB in der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Bremen weder ein Qualitäts- noch ein Mentalitätsproblem. Letzteres wurde in den vergangenen Wochen immer wieder öffentlich diskutiert. Auch Witsel wurde nach dem Spiel auf selbiges angesprochen. Der Belgier reagiert genervt, seine deutlichen Worte sind vielleicht dementsprechend einzuordnen.
Das spannende an der Situation des BVB ist die eigentliche Überlegenheit in ihren Spielen. Sie kontrollierten gegen Frankfurt, Bremen und Union Berlin das Spiel, doch können die Dominanz nicht in drei Punkte umwandeln. Woran das liegt? Frankfurt erzwang den Ausgleich, weil sie mehr Wille in den letzten Zügen des Spiels bewiesen. Bremen war trotz ihrer angespannten Personalsituation äußerst effektiv, Union noch mehr. Und alle drei Mannschaften hatten eines verstanden: Wenn sie dem BVB den letzten Pass durch kompakte Überzahl in der eigenen Hälfte verwehren, kann Schwarz-Gelb weniger Chancen in Tore umwandeln. Der BVB zeigt grandioses Offensivspiel erst dann durchgehend, wenn sie selbst in Führung gehen. Denn logischerweise öffnet ein Gegner dann die Defensive. Gerät die Mannschaft von Favre in Rückstand, so wie in vier der sechs Ligapartien, fällt es den Westfalen schwer die eigene Klasse unbeirrt aufs Feld zu bringen.
Doch wie kann man diesem Trend entgegenwirken? Die Idee eines Trainerwechsels ist derzeit zu hanebüchen, um sie ernsthaft zu diskutieren. Ein „weiter wie bisher“ wird zwangsläufig an dem Problem scheitern, dass der BVB nicht dazu in der Lage scheint, aus eigener Stärke Motivation, Selbstbewusstsein und Selbstverständlichkeit zu generieren. Personelle Rotation innerhalb des gewohnten 4-2-3-1 könnte jene Instabilität mit sich führen, die sich auch gegen Bremen abzeichnete. Umstellen könnte Favre auf ein offensiveres System. Viele hatten Neuzugang Julian Brandt vor der Saison neben Marco Reus im offensiven Mittelfeld vermutet. Bisher ersetzte er zumeist den oft blassen Thorgan Hazard auf der Außenbahn. Brandts Einwechslungen hatten bisweilen meist zur Folge, dass mehr Spielwitz beim BVB zu erkennen war. Auch Mario Götze könnte hinter Paco Alcacer die Rolle im offensiven Mittelfeld neben Reus ausführen – ein Konzept, das auch in der letzten Saison oft funktionierte.
Klar ist, dass Michael Zorc nach dem Spiel gegen Bremen wohl kaum ein Mentalitätsproblem leugnen kann. Es fehlt die Mischung aus Leichtigkeit und eisernem Willen, die in der ersten Hälfte der letzten Saison keine Grenzen kannte. Gegen Slavia Prag und den SC Freiburg müssen zwei Siege her. Der BVB läuft ansonsten Gefahr das selbst erkorene Saisonziel Meisterschaft schon im Herbst der Kategorie „unwahrscheinlich“ zuordnen zu müssen.
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