Seit der Amtsübernahme von Jupp Heynckes als Chefcoach von Bayern München gewann der Rekordmeister jedes Spiel. Auch bei Borussia Dortmund machten die Roten keinen Halt – und besiegten die Schwarzgelben am Samstagabend verdient in Dortmund mit 3:1. Der BVB steckt damit in einer handfesten Krise und hat in der Bundesliga drei Spiele in Folge nicht gewonnen. Das Spiel in der Taktikanalyse.
Im Vergleich zum Aufeinandertreffen gegen Apoel Nikosia trat die Mannschaft von Peter Bosz mit drei Änderungen an. Kapitän Marcel Schmelzer, Gonzalo Castro und Andriy Yarmolenko rückten für Raphael Guerreiro, Mario Götze und Maximilian Philipp ins Team. Bei den Münchnern kehrten Joshua Kimmich, Thiago und Mats Hummels zurück in die Startformation. Jérôme Boateng, Arturo Vidal und Corentin Tolisso mussten dafür weichen.
Dortmund begann mit einem 4-2-3-1-System. Kagawa agierte bei bayrischem Ballbesitz neben Aubameyang als erster Störfaktor. Dadurch entstanden hinter ihm weite Räume für Javi Martinez und Thiago. Demzufolge agierten die Bayern im zentralen Mittelfeld oft in 3:2-Überzahl. Die Feldüberlegenheit des Rekordmeisters resultierte auch aus den sehr gut abgestimmten Flügelpaaren. Alaba und Coman kamen durch einfache Kombinationen häufig hinter Rechtsverteidiger Marc Bartra. Dieser erhielt nur wenig Unterstützung von seinem Vordermann Andriy Yarmolenko. Das 0:1 entstand im Ursprung aus so einer Situation. Die abgewehrte Flanke von Alaba fiel dem freistehenden Thiago am Strafraumrand vor die Füße. Dieser spielte einen hohen Ball intelligent auf den nach rechts rausrückenden James. James legte zurück auf Robben, der in klassischer Manier den Ball ins lange Eck versenkte. Alle beteiligten Dortmunder Verteidiger waren viel zu weit von ihren Gegenspielern entfernt, sodass keiner in der langen Passkette eingreifen konnte.
Nach dem Tor gelang es den Bayern jedoch nicht, das Spiel zu beruhigen. In Umschaltsituationen reagierten sie nervös. Dementsprechend kam Dortmund gerade durch Christian Pulisic in viele Kontergelegenheiten. Shinji Kagawa und Yarmolenko scheiterten zweimal aus guten Positionen. Abgesehen vom „Plan Pulisic“ kam Dortmund allerdings in kein geregeltes Angriffsspiel: Die langen Bälle auf Aubameyang kehrten auch aufgrund dessen katastrophalen Kopfballspiel postwendend zurück. Deshalb entstanden auch für den FC Bayern Räume für schnelle Gegenstöße.
Auch beim 0:2 agierte der BVB zu naiv: Torwart Roman Bürki spielt einen langen Ball auf den kleinen Kagawa, der Japaner verlor gegen den deutlich größeren Javier Martínez das Kopfballduell. In der Folge doppelten Schmelzer und Pulisic unnötigerweise Robben, wodurch der überlaufende Kimmich freistand. Dessen Hereingabe verwandelte Lewandowski mit der Hacke, leicht abgefälscht durch Weigl. Erneut zögerte Dortmunds Defensive in einer entscheidenden Situation.
In der zweiten Halbzeit war Dortmund zu Beginn aktiver. Dennoch war nur Pulisic ein gefährlicher Faktor. Einzig der junge Amerikaner konnte durch seine Dribblings in den Rücken der Münchner Abwehr gelangen. Die beste Möglichkeit vergab Yarmolenko freistehend. Defensiv waren nun beide Mannschaften immer wieder lückenhaft, allerdings schloss Martínez die Lücken schneller und energischer als sein Pendant Julian Weigl.
Generell macht Weigl unter Peter Bosz eine schwächere Figur als bei Vorgänger Thomas Tuchel. Die höhere Stellung erfordert von ihm bei Ballverlust viele Laufduelle. In selbigen zeigen sich seine Defizite in der Geschwindigkeit gegen schnelle Spieler wie Kingsley Coman. Aber auch bei eigenem Ballbesitz kann Weigl nicht mehr für die gewohnte Ordnung sorgen: Seine Passquote ist von 90% aus der letzten Saison ist auf 84% gesunken. Obendrein ist er durchschnittlich nur noch 64 mal pro Spiel am Ball, 2016/2017 kam er noch auf einen Mittelwert von 77 Ballberührungen. Eine alternative Methode im Spielaufbau war gegen die Bayern nicht zu sehen. Auch die Versetzung von Bartra auf die Position des Rechtsverteidigers half dabei nicht weiter.
Die Spannung legte sich in der 67. Minute mit dem 3:0 durch David Alaba. Der Österreicher konnte aus dem Halbfeld unbedrängt flanken. Lewandowski war einmal mehr handlungsschneller als Bartra und Toprak. Durch diesen Vorsprung verwirrte er Bürki und der Ball rutschte an allen Spielern vorbei ins Tor. Logischerweise flachte das ohnehin geringe taktische Niveau im weiteren Verlauf weiter ab. Bayern verwaltete tiefstehend den Vorsprung. Dortmund versuchte sich weiterhin im „Hero Ball“, indem man jeden Ball schnellstmöglich Pulisic zuspielte. Aus so einer Situation entstand in der 87. Minute der Ehrentreffer von Marc Bartra.
Den Bayern genügte eine ordentliche Leistung in diesem „Spitzenspiel“. Die entscheidenen Situationen entschieden sie durch Handlungsschnelligkeit und nicht aufgrund von taktischer Finesse. Dortmund hat es trotz einer tiefer stehenden Abwehr nicht geschafft, Bayern vom Tor wegzuhalten. Eher können sie sich beim ehemaligen Teamkollegen Lewandowski bedanken, der noch drei hundertprozentige Chancen ausließ. Nichtsdestotrotz hatte das Team von Bosz gute Siegmöglichkeiten, was nicht für das Niveau des Spiels spricht. Verglichen mit den hochklassigen Schlachten aus der Ära „Tuchel gegen Guardiola“ erinnerte dieser Kick eher an gewöhnliche Bundesliga-Duelle.
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