Für Nuri Sahin könnte es derzeit sportlich kaum besser laufen. Er hat sich unter dem neuen BVB-Coach Peter Bosz zurück in den Vordergrund gespielt und steht, wenn auch wohl durch die Verletzung von Julian Weigl begünstigt, wieder regelmäßig in der Startelf der Borussen. Zudem durfte er – ausgerechnet an seinem 29. Geburtstag am 5. September – zum ersten Mal seit Juni 2016 wieder für die türkische Nationalmannschaft auflaufen. Nun äußert er sich im ‚kicker‘-Interview zum Start der Champions League zu seinem Favoriten im Wettbewerb, der Rückkehr nach Wembley und den internationalen Chancen des BVB in dieser Saison.
„Die Champions League war für mich immer das Höchste, was man als Fußballer erreichen kann“, schwärmt Sahin vor dem Champions League-Auftakt des BVB am kommenden Mittwoch gegen Tottenham. „Viele sagen: Ich will Weltmeister werden. Oder Europameister. Mein Traum war, in der Champions League zu spielen – und sie nach Möglichkeit zu gewinnen.“
Von seinen bisherigen Spielen im Wettbewerb blieb ihm vor allem das Viertelfinale 2013 gegen Malaga im Kopf hängen. Borussia Dortmund drehte damals innerhalb von 69 Sekunden in der Nachspielzeit das Spiel und zog so ins Halbfinale der Champions League ein. „Das dramatische Ende und die Dynamik, die sich da entwickelte, werde ich nie vergessen. Diese Minuten, in denen wir das Spiel drehten – das war der Wahnsinn“, beschreibt Sahin.
Dass die Bundesliga künftig vier feste Startplätze in der Champions League bekommt, ist für Sahin durchweg positiv. „Die besten Teams müssen auch in der Champions League spielen. Würde wirklich nur die Meister der europäischen Länder teilnehmen, wäre diese Konkurrenz einfach nicht interessant genug.“
Für den Mittelfeldstrategen steht fest, dass Titelverteidiger Real Madrid auch in diesem Jahr wieder der Favorit im Wettbewerb ist. „Der Weg zum Titel wird erneut nur über Real führen.“
Besonderen Anteil hat daran hat Sahin zufolge ein deutscher Nationalspieler. „Toni Kroos ist megadominant und sehr, sehr wichtig. Casemiro, Modric und Kroos sind das Herz von Real. Sie beherrschen das Spiel.“, sagt der 29-Jährige. „Kroos gehört auf seiner Position neben Sergio Busquets vom FC Barcelona und Modric zu den Top 3 auf der Welt.“
Geht es nach dem Dortmunder Eigengewächs, so hat der BVB dieses Jahr wieder gute Chancen weit in den Wettbewerb „reinzurutschen“. Die Mannschaft sei sehr erfahren und habe den Anspruch die Gruppenphase zu überstehen. Danach genügt ihm „die Gewissheit, dass wir an zwei Sahnetagen gegen jeden Gegner weiterkommen können.“
Was ihn in dieser Sache so zuversichtlich macht? „Qualität, mannschaftsdienliche Geschlossenheit, Erfahrung. All diese Sachen. Und wenn dann nach der Winterpause auch noch Marco Reus wieder hinzukommt…“, verdeutlicht Sahin. Reus fehlt seit dem DFB-Pokal-Finale mit einem Kreuzbandriss, fällt bis zum Jahresende aus und soll nach der Winterpause wieder einsteigen.
Doch zunächst gilt es für Borussia Dortmund die Gruppenphase der Champions League ohne den Superstar zu überstehen. Dort trifft der BVB unter anderem auf Tottenham Hotspur, die vor eineinhalb Jahren in der Europa League ausgeschaltet wurde. „Das ist eine absolute Topmannschaft. Sie wird es uns nicht wieder so leicht machen.“, warnt der türkische Nationalspieler.
Da im Norden Londons aktuell ein neues Stadion gebaut wird und die White Hart Lane, das bisherige Heimstadion des Vereins, bereits abgerissen wurde, trägt Tottenham seine Heimspiele momentan im 90.000 Plätze fassenden Wembley-Stadion aus. Die „Spurs“ fühlen sich dort allerdings nicht wirklich wohl und gewannen nur eins der letzten elf Heimspiele. Auch der BVB hat ein kleines Wembley-Trauma nach dem Champions League-Finale 2013, doch Sahin ist guter Dinge. „Ich freue mich auf die Rückkehr nach Wembley – auch wenn wir dort im Finale 2013 gegen Bayern München eine bitterböse Erfahrung gemacht haben.“
„Man muss lernen damit umzugehen“, sagt Sahin über die Umstellung der Champions League zur Bundesliga. „Für den Kopf ist es nicht einfach, nach einem Auswärtsspiel in der Champions League gleich wieder auswärts in der Bundesliga anzutreten. Da bist du zwischendurch maximal 24 Stunden zu Hause, dann geht es schon weiter.“ Dies sei aber keine Ausrede für schlechte Leistungen. „Trotzdem muss es dann heißen: drei Punkte, egal wie. Dann brauchst du keine taktischen oder personellen Experimente, nur drei Punkte.“ – Möglicherweise ein kleiner Seitenhieb in Richtung Ex-Trainer Tuchel, der nach Champions League-Spielen gerne rotierte und die Taktik umstellte.
Darüber was wäre, wenn ehemalige Mitspieler heute noch beim BVB wären, denkt der in Lüdenscheid geborene Sahin nicht nach. „Wenn du nicht Real Madrid oder Bayern München bist, droht dir dieses Schicksal – dann werden dir eben Topleute weggekauft. Wenn sogar Barcelona einen Spieler wie Neymar verliert, können wir uns nicht darüber beschweren, dass uns das auch passiert.“, sagt er. Zudem sei es ja nicht gerade so, als ob die aktuelle Mannschaft von Borussia Dortmund keine hohe Qualität habe.
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