„Alles neu macht der Mai“ heißt es in einem deutschen Volkslied. Bei Borussia Dortmund könnte man diese Zeile zu „Alles neu seit dem Mai“ umdichten. Nach einer turbulenten Saison war bereits frühzeitig das Aus von Interimscoach Peter Stöger bekannt. Nur kurze Zeit später liefen die Planungen für die neue Spielzeit auf Hochtouren. Seit dem Ende der vergangenen Bundesliga-Saison verging fast keine Woche ohne Transfers oder heiße Gerüchte. Nun, kurz vor dem Pflichtspielauftakt, sind die Planungen größtenteils abgeschlossen und umgesetzt. Einzig auf einer Position hofft der BVB noch einmal nachlegen zu können.
Bereits vor einem Jahr hoffte die Vereinsführung von Borussia Dortmund Lucien Favre aus Nizza verpflichten zu können. Mit Beginn der neuen Saison konnte dieser Wunsch nun endlich erfüllt werden. Der akribische Schweizer soll den wankelnden Riesen wieder in ruhige Fahrwasser bringen. Die Mannschaft soll die Erwartungen der Fans und Verantwortlichen attraktiven, erfolgreichen Fußball zu spielen, nun endlich wieder erfüllen. Die Dortmunder Führungsetage hofft, mit Favre die perfekte Mischung aus Thomas Tuchel und Jürgen Klopp gefunden zu haben. Auch eine Stufe über Favre tat sich einiges im Klub. Die Geschäftsführung der Schwarz-Gelben wurde durch die Verpflichtung von Sebastian Kehl, der künftig als Leiter der Lizenzspielerabteilung tätig sein wird, deutlich entlastet. Zudem wird Ex-Meistercoach Matthias Sammer nun regelmäßig als externer Berater hinzugezogen.
Im Frühjahr 2018 kündigte BVB-Boss Hans-Joachim Watzke eine „Kader-Justierung“ an. Diese könne, sagte er seinerzeit, je nach Verlauf der Rückrunde auch deutlicher ausfallen. Das Team hatte sein eigenes Schicksal in der Hand und sorgte mit seinen Leistungen letztlich dafür, dass Sportdirektor Michael Zorc in diesem Sommer viel zu tun hatte.
Den Verein verlassen mussten neben Roman Weidenfeller, der nach 16 Jahren beim BVB seine aktive Karriere beendete, noch sechs weitere Spieler des letztjährigen Profi-Kaders. Vier davon zog es nach England in die Premier League. Andriy Yarmolenko (West Ham United), Sokratis (FC Arsenal), André Schürrle (FC Fulham) und Erik Durm (Huddersfield Town) brachten der Borussia mehr als 36 Millionen Euro in Ablösesummen ein. Zudem spart der Verein durch ihre Transfers viel Gehalt ein. Für vergleichsweise günstige fünf Millionen Euro verließ Gonzalo Castro Dortmund nach drei Jahren gen Schwaben, wo er sich dem VfB Stuttgart anschloss. Gänzlich ohne Ablöse zog es Nachwuchskeeper Dominik Reimann zu Holstein Kiel. Der 21-Jährige sieht dort langfristig bessere Einsatzchancen für sich.
Den Abgängen stehen sieben externe Neuzugänge gegenüber. Gleich drei Mal griffen Watzke und Co. dabei richtig tief in die Tasche. Abdou Diallo vom 1. FSV Mainz 05 kostete 28 Millionen Euro, Axel Witsel (Tianjin Quanjian) und Thomas Delaney (Werder Bremen) jeweils 20 Millionen Euro. Zum Schnäppchenpreis von fünf Millionen Euro kam – dank einer Ausstiegsklausel – Marius Wolf von Eintracht Frankfurt. Ablösefrei konnte der BVB zudem die beiden Torhüter Marwin Hitz (FC Augsburg) und Eric Oelschlägel (Werder Bremen) für sich gewinnen. Per Leihe stieß zudem Achraf Hakimi von Real Madrid zum Pokalsieger von 2017.
Eine große Stärke von Borussia Dortmund wird in dieser Saison das Offensivspiel, für das Lucien Favre steht, sein. Die Angreifer um Neu-Kapitän Marco Reus und Christian Pulisic werden unter dem Schweizer die Hauptrolle spielen. Sie sollen, wie unter Jürgen Klopp, Gegner mit hohem Pressing und vielen gelaufenen Kilometern zur Verzweiflung treiben.
Eine Schwäche könnte, trotz der zuvor erwähnten Offensivstärke, der fehlende Starstürmer werden. Nach dem Abgang von Pierre-Emerick Aubameyang im Winter und der nun abgelaufenen Leihe von Michy Batshuayi fehlt dem BVB ein Mittelstürmer mit „Torgarantie“. Maximilian Philipp wird die Rolle im Sturmzentrum wohl vorerst übernehmen. Allerdings bleibt abzuwarten, ob der ehemalige Freiburger die klaffende Lücke schließen kann.
Erstmals seit einigen Jahren hat in dieser Spielzeit auch die Defensivzentrale das Potenzial zum absoluten Prunkstück der Schwarz-Gelben werden. Die Transfers waren vor allem darauf ausgerichtet eben diese zu stärken. Mit Diallo und Akanji stehen zwei zweikampfstarke und passsichere Innenverteidiger unter Vertrag, die ein wenig an die Paarung von Neven Subotic und Mats Hummels erinnert. Vor ihnen werden vermutlich Axel Witsel und Thomas Delaney wirbeln, denen durchaus die gleichen Attribute bescheinigt werden können.
Die klarste und größte Schwachstelle im Kader der Borussia sind und bleiben jedoch die Außenverteidigerpositionen. Obwohl mit Achraf Hakimi ein weiterer Spieler ausgeliehen wurde, der beide Seiten abdecken kann, fehlt nach wie vor ein dauerhafter Nachfolger und Konkurrent für Marcel Schmelzer und Lukasz Piszczek. Sollte Raphael Guerreiro aus seinem Leistungstief herausfinden, so könnte er eine Alternative werden.
Die hohe Qualität der externen Neuzugänge sollte wieder für mehr Ordnung und Kampf im Spiel von Borussia Dortmund sorgen. Mit einer stabilen Defensive, auf die Lucien Favre viel Wert legt, kann der Verein auch ohne neuen Mittelstürmer wieder an die Glanzzeiten unter Jürgen Klopp anschließen und möglicherweise sogar um Titel kämpfen.
Erwischen die Schwarz-Gelben einen guten Start in die ersten Pflichtspiele, könnten sie sich in einen Rausch spielen. Anders als unter Peter Bosz im vergangenen Jahr ist – vor allem dank der größeren Kadertiefe – die Gefahr eines kompletten Einbruchs wesentlich geringer. Die neue Quantität im Team wird dabei helfen, in allen drei Wettbewerben besser dazustehen. Besonders in den Pokalwettbewerben wird es für den BVB wieder deutlich besser laufen als zuletzt.
Roman Bürki – Lukasz Piszczek, Manuel Akanji, Abdou Diallo, Marcel Schmelzer – Axel Witsel, Thomas Delaney, Mario Götze – Christian Pulisic, Maximilian Philipp, Marco Reus
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