Der Fußball im Wandel: Kognitive Fähigkeiten immer bedeutsamer
Der Fußball steckt im Wandel. Jahr für Jahr kommen immer mehr technische Hilfsmittel zum Einsatz, die Spielern werden zunehmend gefordert. Daniel Memmert, geschäftsführender Leiter für Trainingswissenschaft und Sportinformatik an der Sporthochschule in Köln, hat im „kicker“-Interview jetzt ausführlich über dieses Thema gesprochen. Das Trainings der kognitiven Fähigkeiten sei inzwischen „das Wichtigste“, sagt Memmert.
Die Trainer brauchen jüngere Spieler
Der Professor führt aus: „Da tatsächlich alles schneller wird, müssen Spieler viel schneller reagieren und vor allem Situationen viel weiter im Voraus antizipieren. Sie müssen wissen, welchen Aspekten sie Aufmerksamkeit schenken müssen, um dann darauf Lösungen zu generieren. Antizipation, Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Spielintelligenz, Arbeitsgedächtnis – das sind die Faktoren, welche die kognitiven Fähigkeiten ausmachen.“
Mit den steigenden Anforderungen an die kognitive Leistungsfähigkeit erklärt Memmert auch die signifikante Verjüngung im Profi-Fußball. „Man braucht heute Spieler, die eine schnelle Auffassungsgabe haben. Trainer brauchen Spieler, die sich leicht an Systeme adaptieren lassen. Spieler, die sich an das variabler gewordene Spiel schneller anpassen können. Da arbeitet man besser mit einem 19-Jährigen als mit einem 29-Jährigen“, meint Memmert. Welche Risiken das mittel- bis längerfristig haben könnte, das sei derweil schwer abzuschätzen.
Bolzplatz-Fußball als ein Hilfsmittel
Der Aussage von Oliver Bierhoff, der meint, man müsse im Nachwuchs wieder mehr zur Bolzplatz-Mentalität kommen, stimmt Memmert unterdessen zu. „Das sei absolut richtig“, sagt der Institutsleiter. „Solch eine Straßenspiel-Atmosphäre ist etwas, das für das Kreativitätstraining sehr wichtig ist. Die Spieler werden dadurch immer wieder mit unterschiedlichen Situationen konfrontiert, in denen sie variabel reagieren müssen.“
Dazu habe man Studien gemacht. Eine Umwelt, die an Chaos grenze sei demnach hilfreich, um die motorischen und kognitiven Fähigkeiten zu verbessern. Dadurch könnten Kinder flexibel und variantenreich werden und später im Profi-Bereich dazu fähig sein, viele unvorhersehbare Lösungen auf dem Spielfeld zu generieren.