Vieles hat sich in diesem Sommer bei Eintracht Frankfurt verändert. Neben Trainer Niko Kovac verließen auch zahlreiche Stammspieler den Verein. Dementsprechend musste ein Umbruch stattfinden. Dass dieser nicht ganz gelungen ist, zeigt der eher schlechte Saisonstart mit der peinlichen 0:5-Niederlage im Supercup gegen die Bayern, dem Pokalaus beim Regionalligisten SSV Ulm (nach zwei Jahren Finalteilnahme in Folge) sowie einem glücklichen Sieg in Freiburg und der Niederlage gegen Werder Bremen.
Dass in diesem Sommertransferfenster vieles nicht nach Plan verlief, zeigt bereits der Blick auf die Torwartposition. Stammkeeper Lukas Hradecky verließ den Verein zu Bayer 04 Leverkusen, zudem ging der dritte Torwart Leon Bätge zu den Würzburger Kickers. Nachfolger von Hradecky sollte Frederik Rönnow werden. Der Däne schien für diese Rolle prädestiniert zu sein, schließlich ersetzte er schon jeweils bei Brödnby IF und Esbjerg FB den Finnen. Doch während der gesamten Vorbereitungszeit plagten ihn Knieprobleme, aufgrund derer er nicht richtig fit war.
Im letzten Jahr war Jan Zimmermann zweiter Torwart bei der Eintracht. Diese Rolle vertraute der Verein ihm aber anscheinend nicht mehr an, denn als Back-Up für Rönnow kam Felix Wiedwald von Leeds United. Für einen Stammplatz war allerdings auch dieser für die Eintracht scheinbar nicht gut genug. Denn trotz Rönnows Verletzungsproblemen und schwachen Auftritten erhielt Felix Wiedwald keine Chance.
Kurz vor dem Transferschluss holte Frankurt schließlich ziemlich überraschend Kevin Trapp auf Leihbasis von Paris St. Germain. Überraschend, weil er inklusive des aufgrund der „Local-Player-Regel“ unter Vertrag genommenen Nachwuchsttorwart Tobias Stirl der fünfte Keeper im Kader der Eintracht ist. Seine Verpflichtung war eine Reaktion auf Rönnows Startprobleme und das nicht vorhandene Vertrauen in die anderen Torhüter. Auch wenn der „Vorstand Sport“ Fredi Bobic vermutlich nicht zu Beginn des Transferfensters von der Verfügbarkeit Trapps ausging, zeigt sich hier eine große Fehlplanung. Die Frage ist: Was passiert, wenn Trapp nicht dauerhaft verpflichtet werden kann? Wird dann wieder der degradierte Rönnow zum Stammtorwart erklärt? Die Transferpolitik wirkt nicht gut durchdacht.
In der Verteidigung hatte die Eintracht in diesem Sommer noch den geringsten Aderlass zu verzeichnen. Trotzdem kam ein neuer Innenverteidiger. Das Talent Evan N’Dicka ist definitiv ein Mann für die Zukunft. Ob er den Bundesligaansprüchen bereits jetzt gewachsen ist, wird sich zeigen. In seinen ersten Einsätzen spielt er zumindest solide. Außerdem wurde der zuvor nur ausgeliehen Carlos Salcedo fest verpflichtet. Die Eintracht hat nun sechs Innenverteidiger im Kader. Allerdings spielt Trainer Adi Hütter inzwischen nicht mehr mit Dreikette, sondern Viererkette. Auch deshalb wirkt die Innenverteidigung nun unnötig aufgebläht.
Auf der Außenverteidigerposition ist man hingegen eher dünn besetzt. In der gesamten Hinrunde werden dort nur drei etablierte Spieler (Danny da Costa, Taleb Tawatha und Jetro Willems) zur Verfügung stehen, da Timothy Chandler wegen einer Knieverletzung lange ausfällt. Nun ist auch noch Jetro Willems nach seiner Tätlichkeit für drei Spiele gesperrt. Fällt noch ein Außenverteidiger aus, müsste wohl der 19-jährige Deji-Ousman Beyreuther einspringen. Die Kaderplanung auf dieser Position ist also riskant.
Im Mittelfeld verließen mit Marius Wolf (Borussia Dortmund) und Omar Mascarell (FC Schalke 04) zwei sehr wichtige Spieler den Verein. Für Mascarell kam kein gestandener Spieler als Ersatz. Stattdessen wechselte der bisher maximal zweitklassig spielende Lucas Torró zur Eintracht, zudem kam Allan per Leihe von Liverpool. Bei beiden bleibt abzuwarten, ob sie wirklich eine gute Rolle in der Bundesliga spielen können.
Wolf spielte hingegen in der abgelaufenen Saison oft auf den Außenpositionen im 3-5-2 System, teilweise aber auch im zentralen oder offensiven Mittelfeld. Der neue Coach Hütter setzt aller Voraussicht nach nun wieder regelmäßig auf ein 4-2-3-1 System. Deshalb kamen gleich zwei bekannte Ex-HSV-Spieler für die Außenbahn. Zum einen Nicolai Müller, zum anderen Filip Kostic. Beide haben grundsätzlich definitiv Bundesligaformat. Sie sollten in der Lage sein, Wolf zu ersetzen. Müller bewies dies bereits mit seinem Treffer in Freiburg.
Im Angriff musste die Eintracht den wohl schwerwiegendsten Abgang des Sommers verzeichnen. Mit Kevin-Prince Boateng verließ ein absoluter Anführer der Frankfurter Mannschaft den Verein. Dieser Verlust soll durch den ausgeliehenen Chico Geraldes und den Stürmer Goncalo Paciencia aufgefangen werden. Ob das gelingt, ist mehr als fraglich. Zudem erhielt Vereinsikone Alex Maier keinen neuen Vertrag mehr, was für Unruhe im gesamten Umfeld sorgte.
Dennoch ist die Eintracht im Angriff gut aufgestellt. Mit Ante Rebic, Sebastian Haller und Luka Jovic stehen exzellente Stürmer im Kader. Allerdings ist Frankfurt auch auf dieser Position übersetzt. Nimmt man Branimir Hrogta, Marco Fabian und Mijat Gacinovic noch hinzu, stehen für die maximal zwei Sturmpositionen sieben Spieler zur Verfügung.
Insgesamt besitzen bei der Eintracht sage und schreibe 36 Spieler einen Profivertrag. Zieht man die Jugendspieler, die derzeit noch ohne Einsatzchancen sind, ab, sind es immer noch 30 Spieler. Das sind schlichtweg zu viele. Der notwendige Umbruch ist also noch lange nicht abgeschlossen. Zudem verpasste es der Verein, die aufklaffende Führungslücke zu schließen. Lukas Hradecky, Omar Mascarell sowie gerade Kevin-Prince Boateng und Alex Maier waren sehr wichtig für die Mannschaft. Am ehesten sind wohl noch Kapitän David Abraham, der allerdings nicht als Lautsprecher bekannt ist, und Kevin Trapp in der Lage, die Führung der Mannschaft zu übernehmen.
Der Club verpflichtete sehr viele junge Talente, aber kaum erfahrene Spieler. Der Kader wirkt extrem inhomogen. Zusätzlich steht die Doppelbelastung mit der Europa League an. Angesichts all dieser Umstände muss die Eintracht aufpassen, nicht in den Abstiegskampf zu geraten.
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