Rani Khedira: „Es war zu Beginn extrem schwierig für den Kopf“
Rani Khedira spricht im Interview mit „SportBild“ über seine Anfänge in Augsburg, seinen Trainer Manuel Baum, den er in den höchsten Tönen lobt und über die Zukunft seines Bruders Sami.
Schwieriger Start in Augsburg
Khedira galt, auch wegen seines Namens, in Leipzig als großes Talent. Unter Trainer Ralf Hasenhüttl konnte er sich jedoch nicht richtig durchsetzen und entschied im Sommer 2017, im einvernehmen mit Ralf Rangnick, dass es das beste für ihn sei, den Verein zu verlassen.
Nach seiner mäßigen Zeit in Leipzig wollte Khedira in Augsburg also einen Neuanfang wagen, doch er zweifelte an sich selbst, ob er überhaupt die Qualität dafür hat: „Ich habe viele Dinge hinterfragt. Auch mich selbst. Ich dachte mir: Hast du wirklich das Zeug zum Erstliga-Spieler?“
Dazu kam ein schlechtes erstes Spiel vom 24-jährigen, was ihn in seiner psychischen Situation natürlich nicht sonderlich voranbrachte: „Zudem war ich im ersten Spiel nicht mit mir zufrieden, saß danach draußen und dachte mir: Jetzt hast du es in den Sand gesetzt. Dadurch war mein Selbstvertrauen etwas angekratzt, bis es ein offenes Gespräch mit Manuel Baum gab.“
Dieses Gespräch war womöglich ein Schlüsselerlebnis, dass Khedira auf seinem Weg dorthin, wo er heute steht, sicherlich geholfen hat.
Baum als Mentor
Manuel Baum sprach Khedira sein Vertrauen aus, mahnte ihn zur Ruhe. „Unser Trainer hat mir das Vertrauen in Ehrlichkeit, Offenheit und Transparenz in dem Geschäft zurückgegeben. Es waren keine leeren Versprechungen“, lobt der Defensivspieler seinen Trainer. Und siehe da: Khedira ist heute unumstrittener Stammspieler beim FCA, stand in dieser Saison in jedem Pflichtspiel, bis auf beim Spiel gegen Bremen (Auswechslung in der 81. Minute), über die komplette Spielzeit auf dem Platz, häufig als Innenverteidiger, aber auch als Sechser.
Nicht nur im persönlichen Bezug lobt der Dauerbrenner seinen Trainer. Auch was die Analyse der Gegner anbelangt, sei Baum ein absoluter Profi, laut Khedira „der meist unterschätzte Trainer der Bundesliga“. Khedira weiter: „Ich denke mir oft am Spieltag: Woher wusste unser Trainer schon wieder genau, wie der Gegner – personell wie taktisch – aufläuft? Er hat einen wahnsinnigen Fußballsachverstand, obwohl er selbst nicht auf diesem Niveau gespielt hat.“
Baum brachte den jungen Defensivakteur auch persönlich extrem weiter. Nicht nur auf dem Platz, wo Khedira defensiv flexibler geworden ist, sondern auch als Persönlichkeit entwickelte der FCA-Coach seinen Schützling zum Leader. „Daneben will ich Dinge mitgestalten, Vorschläge einbringen, in der Mannschaft ordnen und lenken“, beschreibt Khedira selbst seine Aufgaben.
Bruder Sami als Vorbild
Von seinem Bruder Sami hat Rani viel gelernt. „Sami und ich stehen uns sehr nahe, ich versuche, mir viele Dinge anzueignen“, beschreibt der jüngere Bruder die Vorbildfunktion des Weltmeisters. Er steht ihm immer zur Seite, gibt Tipps und Ratschläge und hilft ihm bei wichtigen Entscheidungen. Ein Beispiel: Ranis schwere Zeit in Leipzig. „In der Phase, in der ich in Leipzig nicht gespielt habe, hat er mich dazu gebracht, zum Trainer zu gehen. Obwohl ich damals noch sehr jung war, konnte ich den Mut aufbringen und fragen, wieso ich meine Einsatzminuten nicht bekomme und was ich ändern soll“, erklärt Rani.
Die Verbindung der beiden ist sehr eng, Rani sieht in seinem älteren Bruder ein Vorbild: „Er hat mich schon früh an die Hand genommen. Wir haben nach wie vor eigentlich nach jedem Spiel Kontakt“, sagt er.
Auf die Frage, ob Sami nochmal im Trikot der Nationalmannschaft zu sehen sein wird, gibt sich sein jüngerer Bruder optimistisch: „Es wird geschrieben, er sei über seinen Zenit hinaus. Aber wenn man allein auf die Fakten blickt, Sami hat bei Juventus Turin allein in der letzten Saison neun Tore geschossen und so viele Einsatzminuten wie selten zuvor in seiner Karriere gehabt. Dann hat man seinen Zenit ja nicht überschritten. Vor der WM hat Joachim Löw gesagt, dass Sami unentbehrlich sei.“
Dennoch bleibt eine Rückkehr von Sami Khedira eher unwahrscheinlich, da Löw mehr und mehr den Umbruch in der Nationalmannschaft einläutet und vermehrt auf junge Spieler setzt. Vorstellbar dagegen ist, dass wir in Zukunft vielleicht seinen Bruder Rani im Trikot von Deutschland sehen, wenn der weiter seine starken Leistungen bestätigt.