Die Saison hat noch nicht begonnen und dennoch gibt es bereits wieder Diskussionen um den Videobeweis. Im Super-Cup am letzten Samstag besiegte Borussia Dortmund den FC Bayern München mit 2:0. Aufreger des Abends war ein Tritt von Bayerns Joshua Kimmich gegen Dortmunds Jadon Sancho. Außer bei Kimmich selbst war die deutliche Mehrheitsmeinung, dass der mit der gelben Karte bestrafte Tritt einen Platzverweis hätte nach sich ziehen müssen. Doch der Videoschiedsrichter kam nicht zu diesem Entschluss. Nun äußert sich der DFB und räumt Fehler ein.
Zwei Tage nach dem Super-Cup gaben die DFB-Schiedsrichterbosse in Köln eine Erklärung ab. Während einer Spielunterbrechung im Prestigeduell der Ligakonkurrenten kam es zu einer unschönen Szene. Joshua Kimmich tritt Jadon Sancho beiläufig, aber offenbar bewusst auf den Fuß. Der junge Engländer geht zu Boden und wird behandelt. Kimmich sieht die gelbe Karte. Später betont er, nicht absichtlich gehandelt zu haben. Die Bilder scheinen jedoch zu widersprechen.
Schiedsrichterchef Manuel Fröhlich wird im Kicker zitiert: „Wer einem Gegenspieler in einer Spielunterbrechung so auf den Fuß tritt, muss regeltechnisch eine Rote Karte bekommen.“ Demnach wäre der Optimalverlauf am Samstag gewesen, dass der Videoschiedsrichter Robert Schröder die gelbe Karte als klare Fehlentscheidung erkennt und Spielleiter Daniel Siebert im Sinne des Regelwerks den Weg in die Review-Area empfiehlt. Dazu kam es nicht.
Aber wieso passierte dies nicht? „Video-Assistent Robert Schröder ist im formalen Ablaufprozess ein Fehler unterlaufen“, sagt der Projektleiter des Videobeweises Jochen Drees. „Er hätte Daniel Siebert zu einer eigenen Bewertung in die Review-Area schicken müssen, da dieser auf dem Platz keine klare Wahrnehmung von der Szene hatte. Stattdessen hat er mit seinem Team im Video-Keller die Situation fälschlicherweise selbst mit einer Gelben Karte bewertet.“
In der langanhaltenden Diskussion um den Videobeweis führen derartige Fehler nicht zur Ausweitung einer Vertrauensgrundlage. Es hätte eine bezeichnende Szene für den Dienst an der Fairness, den der Videobeweis erbringen soll, werden können. Stattdessen könnte es, für das nun ein Jahr andauernde Projekt, ein Rückschlag sein. Drees sieht das anders. Eine Garantie für Fehlerfreiheit kann der Videobeweis in seinen Augen nicht sein. „So dramatisch sehe ich den Rückschlag nicht“, sagt er und betont man dürfe bei menschlichen Entscheidungen nicht erwarten, „keine Fehler zu machen.“ Menschliches Versagen sollten eigentlich durch die neuen technischen Möglichkeiten eingeschränkt werden. Auch BVB-Sportdirektor Michael Zorc fehlt nach eigener Aussage „jegliches Verständnis, aber wirklich jegliches Verständnis“ für die endgültige Schiedsrichterentscheidung.
Die Probleme des noch jungen Videobeweises offenbaren sich auch zur neuen Saison. Immerhin führt seine Anwesenheit und die erforderlichen Wortmeldungen der Verantwortlichen zu einer Kenntnisnahme sportlicher Verfehlungen. Die Diskussion wird wohl anhalten. Das System Videobeweis bedarf noch einiger Verbesserungen. Jochen Drees dazu: „Daran wollen und müssen wir für die Zukunft weiter arbeiten.“
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