Lucas Scholl schien 2013 drauf und dran, in die Fußstapfen seines Vaters Mehmet zu treten. Dieser war 15 Jahre für den FC Bayern aufgelaufen und hatte neben acht Meisterschaften, fünf Pokalsiegen auch die Champions League und mit der Nationalmannschaft zudem die Europameisterschaft gewonnen. Von großen Titeln ist der Sohnemann derzeit allerdings weit entfernt. Galt er unter Pep Guardiola noch als ungeschliffener Rohdiamant, verdient sich der Junior seine Brötchen mittlerweile in der Regionalliga Bayern.
„Ich bin im Winter extra zu Garching gewechselt, um Spielpraxis zu sammeln und mich wieder für den Profifußball anzubieten“, erklärt Scholl im „SportBild“-Interview. „Nun herrscht Corona-Pause und ich hänge in der Regionalliga fest.“ Zuvor hatte er sich seine Fußballschuhe drei Jahre lang für Wacker Nordhausen (14 Tore, 16 Assist in 57 Spielen) in der Regionalliga Nordost geschnürt. Auch hier wollte sich der 23-Jährige „eigentlich über Spielpraxis für andere Klubs empfehlen. Dann gab es wetterbedingt viele Spielabsagen, und verletzt war ich dann auch noch. Am Ende hat man mir dort kein Gehalt mehr gezahlt, da musste ich weg.“
Finanzielle Probleme hat Scholl jedoch nicht. „Ich hatte bei Bayern einen guten Vertrag, verdiene auch bei Garching etwas. Zurzeit wohne ich wieder bei meiner Mutter und muss keine Miete zahlen, das hilft.“ Trotzdem traut er sich noch mehr zu als die Viertklassigkeit, „ich habe das Fußballspielen ja nicht verlernt.“ Doch Scholl ist nicht verborgen geblieben, dass es schwieriger ist „aus der Regionalliga herauszukommen, als reinzukommen.“ Seine Mitspieler hätten zwar keine Teilschuld an seiner aktuellen Situation, aber „wenn ich in der Regionalliga einen schnellen Doppelpass spielen will, klappt das in der Regionalliga seltener als in der Bundesliga. So fehlen mir vielleich schon fünf Tore oder Vorlagen auf dem Konto. Es ist schwerer dort zu glänzen.“
Genau das sollte Scholl eigentlich auch in der ersten Mannschaft des Deutschen Rekordmeisters. „Ich war damals noch ein Kind, einfach zu unreif“, gesteht der offensive Mittelfeldspieler. „Morgens saß ich noch mit meiner Mutter am Essenstisch, wenig später dann mit Götze, Lewandowski und Guardiola in Bayerns Profikabine. Das ging zu schnell für mich.“ Zu dieser Zeit habe ihm der spanische Star-Trainer „einen Satz gesagt, der der schönste und schlimmste Satz in einem war. Er sagte: ‚Lucas, du kannst fußballerisch alles, aber du musst deinen Kopf ändern.‘ Damals war ich 17 und habe überhaupt nicht verstanden, was er von mir wollte.“
Zu einem Pflichtspieleinsatz sollte es bei den Profis letztlich nie reichen. Im Sommer 2015 merkte Scholl schließlich endgültig, „dass das beim FC Bayern nichts mehr wird.“ Sein Vertrag lief aus und „ich habe damals sehr schlechten Fußball gespielt.“ Heute sind seine Ambitionen nun gänzlich andere als noch vor wenigen Jahren. „Mit 18 wollte ich Champions League spielen. Heute träume ich davon, wieder im Profi-Bereich zu spielen. Ich bin dafür auch viel zu gut, als dass es nicht klappt.“ Dennoch weiß Scholl, dass er „sicher nicht mehr der gefragteste Spieler“ ist. Er hofft auf „ein Angebot aus dem Ausland.“ Aufgeben ist für den einstigen Guardioa-Zögling jedenfalls noch keine Option. „Ich kämpfe mich da raus. Ich werde versuchen, mich über Probetraining bei verschiedenen Klubs anzubieten.“
Sollte er jedoch nicht mehr den Turnaround schaffen, sieht er sich nicht „mit einem Anzug irgendwann im Büro sitzen. Mein Plan B heißt Fußball. Wenn es mit der aktiven Karriere nichts wird, will ich unbedingt als Trainer arbeiten.“ Eine Tätigkeit die zwischen 2008 und 2013 auch schon Scholl senior beim FC Bayern ausgeübt hatte.
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