Hinrundenfazit: Kohfeldt bringt mehr Schwung ins Bremer Spiel
Verkorkster Hinrundenstart, Trainerwechsel, Aufbruchstimmung – Alles beim Alten beim SV Werder würde man meinen. Die Bremer stehen nach einer schwachen ersten Halbserie auf dem Relegationsplatz, konnten sich zuletzt jedoch wieder fangen und bei Borussia Dortmund kurz vor dem Jahresende sogar drei „Big-Points“ sammeln.
Schweres Auftaktprogramm, stockender Start
Gute Stimmung herrschte im hanseatischen Lager, als die Würzburger Kickers im Erstrundenspiel des DFB-Pokal souverän mit 3:0 vom Platz geschickt wurden. Keine Selbstverständlichkeit, so hatte der SV Werder mehrmals in den vergangenen Jahren seine Schwierigkeiten gegen unterklassige Teams. Zum Start der Bundesliga-Saison ging es für das Team von Trainer Alexander Nouri zur TSG 1899 Hoffenheim. Nachdem Robert Bauer einen Schuss von Andrej Kramaric unhaltbar abfälschte, endete die Partie mit 0:1.
Nur eine Woche später kam dann der FC Bayern München ins Weserstadion – mit 2:0 entschied der Rekordmeister das Spiel für sich. Mit dem 1:1-Unentschieden in Berlin zwei Wochen später feierte man immerhin den ersten Punktgewinn der laufenden Saison. Aber auch in den sechs darauffolgenden Begegnungen sollte kein Dreier gelingen, darunter befanden sich vier torlose Begegnungen in Folge. So rangierte man mit 3:9 Toren und fünf Punkten auf dem vorletzten Platz. Die defensive Taktik von Ex-Coach Alexander Nouri schien zu fruchten, die Offensive wurde jedoch zum Manko.
Das Nouri-Aus und ein U23-Trainer als Nachfolger
Der Druck auf Nouri und seinem Trainerteam wuchs immens. Mit einem 1:0-Erfolg in einem mäßigen Pokalspiel gegen die TSG 1899 Hoffenheim konnte man eine Entlassung zunächst noch abwenden. Wenige Tage später unterlag man dem FC Augsburg im eigenen Stadion jedoch mit 0:3. Was folgte war Häme der eigenen Fans und ein gellendes Pfeifkonzert. Auch Gerüchte über ein Zerwürfnis des Bremer Teams mit dem Trainer machten sich breit.
Folglich zog der Verein die Reißleine: Nouri und Co-Trainer Markus Feldhoff mussten gehen. Einzig Torwart-Trainer Christian Vander durfte bleiben. Als Interimslösung übernahm Florian Kohfeldt, der bisherige Trainer der U23. Thomas Horsch und Ex-Nationalspieler Tim Borowski komplettierten als Assistenten das Trainergespann. Unter dem neuen Trainer rückten einige zuvor aussortierte Spieler wieder in den Fokus, darunter auch Stürmer Aron Jóhannsson.
Offensivere Ausrichtung als Schlüssel zum Erfolg
Der Trainerwechsel zeigte schnell seine Wirkung. Zwar verlor Werder die erste Begegnung nach dem Aus von Alexander Nouri mit 1:2 in Frankfurt, jedoch spielten die Grün-Weißen einen munteren Ball im Angriff, was dem offensiveren System Kohfeldts im Vergleich zum Vorgänger zu verdanken war. Wenige Tage später fegte man Hannover 96 mit 4:0 aus dem Stadion – Max Kruse, der einen Hattrick erzielte, spielte sich mit Kompagnon Fin Bartels wieder in einen Rausch.
Und auch anschließend bei RB Leipzig spielte man gut mit, verlor gegen konsequente Hausherren allerdings mit 0:2. Die gute Form bestätigte das Team eine Woche später gegen den VfB Stuttgart mit dem zweiten Saisondreier (1:0). Sieben Tage darauf folgte der dritte Streich – 2:1 hieß es im Signal-Iduna-Park, das zugleich das Ende von BVB-Trainer Peter Bosz bedeutete. Einziger Wermutstropfen: Fin Bartels verletzte sich schwer an der Achillessehne und fällt aller Voraussicht nach für den Rest der Spielzeit aus.
Versöhnlicher Jahresabschluss mit Viertelfinaleinzug
,,Fin, wir sind da“, hieß die Botschaft der Mitspieler von Fin Bartels vor dem nächsten Spiel bei Bayer 04 Leverkusen. Auch wenn es am Ende eine 0:1-Niederlage setzte, feierte Ole Käuper sein Bundesliga-Debüt und wird ab dem Jahreswechsel fest zum Profikader gehören. Das letzte Bundesligaspiel 2017 gegen den 1. FSV Mainz 05 endete nach einer 2:0-Führung zwar nur 2:2, jedoch sollte das DFB-Pokal-Achtelfinale gegen den SC Freiburg noch einen versöhnlichen Jahresabschluss bringen.
Zwei frühe Treffer von Ishak Belfodil und Florian Kainz sowie ein Tor von Philipp Bargfrede – dem eine Abseitsposition von Jerome Gondorf vorausging – waren ausschlaggebend dafür, dass die Norddeutschen den Sportclub mit 3:2 zurück in den Breisgau schickten und somit im DFB-Pokal überwintern dürfen.
Pavlenka glänzt, Gondorf mit Schwierigkeiten
Bereits im Sommer wurden die Neuzugänge der Bremer kritisch beäugt. Mit Jiři Pavlenka holte man einen teuren und unbekannten Schlussmann aus der tschechischen HET Liga als Nachfolger des zu Leeds United transferierten Felix Wiedwald.Der 1,96 Meter große Torhüter sollte sich im Laufe der Hinrunde jedoch zum absoluten Leistungsträger entwickeln und überzeugte im Eins-gegen-Eins sowie mit starken Reflexen.
Als erster Sommerzugang stand bereits zu Beginn des Jahres Linksverteidiger Ludwig Augustinsson fest. Der schwedische WM-Teilnehmer, der vom FC Kopenhagen an die Weser wechselte, fehlte bislang in nur einer Partie. Zwar hat er aktuell im Offensivspiel noch Luft nach oben, dennoch stabilisierte er die linke Abwehrseite mehr als so mancher Vorgänger.
Jerome Gondorf (kam vom SV Darmstadt 98) und Ishak Belfodil (leihweise von Standard Lüttich) konnten erst in den letzten beiden Partien des Jahres so richtig überzeugen. Gondorf bereitete beim Pokal-Erfolg über den SC Freiburg zwei Treffer vor, während Belfodils Knoten bereits vorher im abschließenden Bundesliga-Hinrundenspiel gegen Mainz platzte. Mit dem zwischenzeitlichen 2:0 erzielte er seinen Ligatreffer für Werder, zwei Tore im Pokal, darunter gegen die Breisgauer, kommen hinzu.
Die Hinrundengewinner – Laufwunder Eggestein
Jiri Pavlenka, Milos Veljkovic und Maximilian Eggestein sind drei Spieler, die in der Hinrunde zu überzeugen wussten. Während Torhüter Pavlenka mit vielen starken Paraden seine Ablösesumme in Höhe von gut dreieinhalb Millionen Euro rechtfertigte, etablierten sich auch Veljkovic und Eggestein zu unumstrittenen Stammspielern.
Veljkovic verpasste nur 225 Minuten aller 20 Pflichtspiele, verwies den schwächelnden Lamine Sané auf die Ersatzbank. Ein Treffer gelang dem Serben zudem im Pokalauftakt gegen die Würzburger Kickers. Noch besser lief es für Maximilian Eggestein, der nur ein Spiel verpasste und auf zwei Treffer kommt. Besonders auffallend ist seine Laufstärke – mit 14,01 Kilometern sorgte er im Spiel gegen Leverkusen für den aktuellen Saisonrekord.
Wo Bremen nachlegen muss
Mit Blick auf die Tabelle fällt das große Bremer Manko gleich ins Auge: Die Offensive. Nur 13 Treffer erzielte Werder nach siebzehn Spieltagen. Mit Fin Bartels wird zudem ein wichtiger Akteur auf dieser Position langfristig ausfallen. Frank Baumann deutete bereits Ersatz für ihn und potentielle Abgänge an. Unter anderem Luca Caldirola ist heißer Verkaufskandidat.
An einem Außenspieler sind die Bremer indes schon dran. sein Dieser soll am 1. Januar 2018 mit ins Trainingslager nach Alicante reisen. Vor wenigen Wochen machten Gerüchte die Runde, wonach Patrick Herrmann ein Kandidat bei Werder sei. Max Eberl, Sportdirektor von Borussia Mönchengladbach, betonte jedoch, seinen Spieler halten zu wollen.
Die Prognose
Werder wird sich nicht verstecken. Mit dem Trainerwechsel kam nicht nur das abhandengekommene Selbstvertrauen zurück, es wurde auch wieder Fußball gespielt. Zwar wird es noch eine harte Saison für den Traditionsverein, am Ende sollte es dennoch für den Klassenerhalt reichen. Mit Ex-Nationalspieler Max Kruse haben sie einen Spieler in den eigenen Reihen, der den Unterschied ausmachen kann und anderen Teams der unteren Tabellenregion fehlt.