Mit einem Sieg über den Hamburger SV hätte Bochum einen großen Schritt in Richtung Aufstieg machen können, doch der VfL unterlag dem Verfolger aus dem Norden mit 0:2. Maßgeblich zur dritten Saison-Heimniederlage beigetragen hatte die frühe Rote Karte von Danny Blum. Im „SportBild“-Interview spricht Trainer Thomas Reis über die Konsequenzen für den Außenstürmer, den Umgang mit schwierigen Typen, seine Erfahrungen im Frauenfußball und einen möglichen Bundesliga-Aufstieg.
Trotz der Pleite ist Bochum mit zwei Punkten Vorsprung auf den HSV und Kiel weiterhin Tabellenführer, dennoch wird Blums Aussetzer aus der 35. Minute interne Folgen haben. „Ich kann ihn nicht in Schutz nehmen: Er hat die Mannschaft geschwächt.“ Zudem werde der 30-Jährige in den nächsten drei Partien gegen Düsseldorf, Kiel und Paderborn „durch eine Sperre fehlen – dabei ist er einer unserer Ausnahmekönner.“
Der frühere Linksverteidiger, zwischen 1995 und 2003 selbst VfL-Profi, könne dies „nicht nicht einfach stehen lassen. Ich thematisiere so etwas in einem Einzelgespräch und in einer Mannschaftssitzung. Dafür haben wir unseren Spendenkatalog.“ Heißt konkret: eien Spende oder dass „es für das Team etwas Leckeres zu essen gibt. In diesem Fall wird die Spende nicht nur eine Sache bleiben. Die Jungs sollen lernen.“
Dass ihm nachgesagt wird, auch launische Profis in die Spur bringen zu können, will der Coach nicht verneinen. „Ich kann mit schwierigen Typen, weil auch ich kein einfacher Charakter war. Ganz ehrlich, ich hätte mich als Spieler auch nicht trainieren wollen“, gesteht Reis, der „bei vielen Trainern angeeckt“ sei, weil er stets direkt seine Meinung geäußert habe. „Mir hat man auch sofort angesehen, wenn ich mit etwas nicht einverstanden war.“ An Beispielen mangelt es dem 47-Jährigen nicht.
So habe er mal einem Trainer „in einem Vier-Augen-Gespräch gesagt, was ich von ihm in dem Moment gehalten habe“. Anschließend sei er in die 2. Mannschaft versetzt worden. „Bei einem anderen bekam ich noch in der Halbzeitpause eine Geldstrafe aufgebrummt“. Seinem eher unbequemen Weg ist er dennoch treu geblieben, denn „mir ist es lieber, wenn jemand ehrlich ist und mir ins Gesicht sagt, was er von mir hält, und ich es nicht über drei Ecken erfahre.“ Natürlich bekomme man so bisweilen starken Gegenwind, „aber ich stehe zu meinen Entscheidungen und kann mit der Konsequenz leben“, begründet er seine Form der klaren Kommunikation.
Im aktuellen VfL-Kader „gibt es viele besondere Charaktere“, das sehe man auf auch dem Platz, „manchmal überpaced der eine oder andere. Aber du brauchst in einer Mannschaft auch den einen oder anderen speziellen Typen“, sagt Reis, dem die Tabelle derzeit Recht gibt und der vor seiner Amtsübernahme im Sommer 2019 in Bochum bereits fünf Jahre in verschiedenen Positionen im Verein tätig war, etwa als Coach der U19 und Co-Trainer bei den Profis. Vor fast genau zehn Jahren trainierte er sogar für drei Monate das Frauenteam des Traditionsvereins.
Dabei sei Reis in „eine andere Welt“ eingetaucht, denn „bei den Frauen war immer die Bereitschaft da, jede Übung mit Hingabe voll durchzuziehen, auch wenn die Trainingszeiten spät abends waren und es nicht das große Geld gab.“ Anders die Männer, bei denen „der eine oder andere schneller jammert oder das Gesicht verzieht. Das konnte ich bei den Frauen nie feststellen.“
Als Spieler stieg der gebürtige Wertheimer mit Bochum gleich dreimal in die 1. Bundesliga auf, nun wolle er „etwas zurückgeben. Mein Traum war schon, irgendwann in diesem Stadion unten an der Seitenlinie zu stehen und die Hauptverantwortung für die wichtigste Mannschaft des Vereins zu tragen.“ Damit er dies in der kommenden Spielzeit im Oberhaus tun darf, müsse Bochum, das aktuell 48 Zähler hat, laut Reis wohl „insgesamt 66 Punkte“ holen. Eins sei jedenfalls klar: „Wenn man auf Platz 1 steht, dann will man auch oben bleiben.“
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