Mit einem 3:0-Sieg gegen Estland schließt die deutsche Nationalmannschaft die Länderspielpause ab. Die Arbeit von DFB-Direktor Oliver Bierhoff läuft meistens zwischen diesen Ereignissen ab. In den kommenden 15 Jahren will der deutsche Fußballbund eine große Reform einleiten. Mit dem „Kicker“ sprach Bierhoff über die Pläne.
In den letzten Jahren hat das Ansehen des deutschen Fußballbundes etwas gelitten. Nach dem Drama um den Skandal der Heim-WM 2006, stürzte die Mannschaft in den letzten Wettbewerben in ein tiefes Loch. Nach dem peinlichen Ausscheiden aus der WM 2018-Gruppenphase, folgte ein enttäuschendes Abschneiden bei der neu eingeführten Nations League.
Bundestrainer Joachim Löw leitete in diesem Zuge verspätet einen Umbruch ein. Einen Umbruch, den jetzt auch der DFB voll angehen möchte. Denn die Arbeit des größten nationalen Sportbundes der Welt wirkt sich direkt auf die zukünftigen Leistungen der Nationalmannschaft aus.
DFB-Direktor und Ex-Nationalstürmer Oliver Bierhoff sieht auch einen Negativ-Trend des deutschen Fußballs. Deshalb setzt er es sich persönlich zum Ziel den Abschwung aufzuhalten. Es gibt „Tendenzen, denen wir entgegensteuern müssen“, erklärt der 51-Jährige. Diese müsse man „klar benennen und aufzeigen“ und „Mut zur Veränderung“ beweisen. Nur so könnte man einen Fortschritt in Zukunft erzielen.
Die geplante Groß-Reform des DFB läuft unter dem Titel „Projekt Zukunft“. Das Ziel soll wieder das Erreichen der Weltspitze sein, von der man sich derzeit doch etwas abgeschlagen einordnen muss. Besonders arbeiten will man demnach an der Trainer-Ausbildung, der Spieler-Ausbildung sowie dem Verbandssystem allgemein. So könnte die dritte Spielkasse in Deutschland wieder mehrgleisig aufgestellt werden, wie sie es bereits früher war. Dadurch sollen neue Möglichkeiten für die Ausbildung von Talenten innerhalb der eigenen Nation geschaffen werden.
Wichtig sei es auch in der Zukunft wieder die Trainer-Ausbildung zu justieren. Dabei will man sich von dem reinen Lehren von Spielsystemen und Taktiken wieder mehr lösen. Dadurch sollen nämlich die Trainer-Persönlichkeiten verloren gegangen sein. Diese Entwicklung sieht man nachträglich als Fehler an. Dies gilt es nun zu korrigieren.
Bis 2035 sollen die Reform-Punkte vollzogen werden. Spannendster Ansatzpunkt sind natürlich die Akteure selber. Beim DFB will man in Zukunft wieder mehr für eine „vielseitige Entwicklung“ der Spieler tun. Es soll keine System-Zwänge und Normen geben, sondern ein breiteres Spektrum an möglicher Ausbildung.
Zur vollen Potenzial-Ausschöpfung sollten die Spieler, vor allem in den jungen Jahren, „geistige und körperliche Freiräume“ bekommen. Laut Bierhoff sind die Ablaufpläne von Jugendspielern schon so festgefahren, dass sie daran drohen zu zerbrechen. Aktuelle Profis müssen sich auch nicht selten mit dem Vorwurf der Unselbstständigkeit auseinandersetzen. Diese Einstellung stellt auch der Direktor fest. So seien einige Nationalspieler nicht in der Lage Probleme „innerhalb der Mannschaft selbst zu regeln“, was aber unabdingbar für ein funktionierendes Konstrukt sei.
Doch schuld daran sind laut ihm nicht die „faulen“ Profis, sondern die, die sie so formten. Deshalb müsse man auch in der persönlichen Entwicklung der Talente wieder mehr Eigenständigkeit und Mentalität stärken.
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