Am 19. März 2024 wäre er runde 100 Jahre alt geworden: Joseph Edouard „Joe“ Gaetjens. Der US-amerikanische Nationalspieler mit deutsch-haitianischen Wurzeln schoss die „Stars & Stripes“ bei der ersten WM nach Kriegsende 1950 zum 1:0-Sensationssieg gegen England – und fand vermutlich schon 1964 den Tod.
Die beiden Fußball-Weltmeisterschaften in Brasilien: Denkwürdig, legendär, mystisch. Von „Maracanzo“ und Uruguay-Stürmer Alcides Ghiggia (bis zu seinem Tod 2015 letzter, noch lebender Weltmeister Uruguays), der 200.000 brasilianische Fans im Final-Spiel (2:1) im Maracana-Stadion zum Weinen brachte, bis zum „Sambamärchen“, unserer Nacht von Rio am 13. Juli 2014 („Mach ihn! Er macht iiiihn! Maaaario Götze“).
Hinter einer Geschichte der ersten WM in Brasilien steht eine tragische Schlussnote. Der US-amerikanische Nationalspieler Joe Gaetjens schockte England, das selbst ernannte „Mutterland des Fußballs“, mit dem 1:0-Siegtreffer am 29. Juni 1950 im Estadio Independencia in Belo Horizonte.
Also in der Stadt, in der am 8. Juli 2014 das legendäre Halbfinale Brasilien gegen Deutschland (1:7) stattfand.
Erschütterte die Niederlage gegen die DFB-Elf vor 10 Jahren ganz Brasilien, so ging Englands Blamage gegen die US-Boys angesichts der zeitgleichen Niederlage im Cricket gegen die West Indies unter. Der englische Nationaltrainer Walter Winterbottom schonte gegen die USA sogar seinen Star, den legendären Sir Stanley Matthews († 2000). Dennoch: England war mit Spielern wie Billy Wright, dem späteren Weltmeister-Trainer Sir Alf Ramsey oder Preston-Idol Sir Tom Finney haushoher Favorit. „Es wäre fair, den USA drei Tore Vorsprung zu geben“, tönte die britische Zeitung Daily Express vor dem Spiel.
Aber: Die Sirs waren nicht in Form. Es wurde ein Triumph der Feierabendfußballer. Der Lehrer Walter Bahr, der in einem Bestattungsunternehmen arbeitende Torhüter Frank Borghi und der Student Joe Gaetjens sorgten für eine der größten WM-Sensationen aller Zeiten.
1953, nach erfolglosen Jahren bei Troyes in der zweiten französischen Liga, kehrte Joseph Gaetjens, inzwischen ein wohlhabender Handelsvertreter, nach Haiti zurück.
Im Juni 1964 schwang sich „Papa Doc“, Francois Duvalier, zum Militärdiktator Haitis auf und am 8. Juli 1964 wurde Gaetjens, dessen Familie eine politische Nähe zu Duvalier-Gegner Louis Dejoie nachgesagt wurde, von der berüchtigten Geheimpolizei Tonton Macoute (Dt.: „Onkel Umhängesack“) in Port-au-Prince verhaftet. Seitdem galt er als verschollen.
Vermutlich wurde er 1964 im Gefängnis Fort Dimache ermordet.
Erst 1972 erhielt seine Familie die Bestätigung seines Todes.
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