Helmut Rahn – ein Name, welcher jedem Fußballfan in Deutschland ein Begriff sein dürfte. Doch er steht für mehr als nur den Gewinn der Weltmeisterschaft 1954. Heute, am 16. August wäre Helmut Rahn 93 Jahre alt geworden, doch aufgrund seines Ablebens zwei Tage vor seinem 74. Geburtstag ist dieser Tag ein trauriger für seine Familie, seine Stadt und eine ganze Region.
Helmut Rahn ist, ohne zu übertreiben, eine Legende des deutschen Fußballs. Doch er ist nicht nur der Mann, der uns 1954 zum ersten Mal an die Spitze des Weltfußballs geschossen hat, sondern er ist „der Boss“ einer ganzen Region – Rahn ist „der Boss“ des Ruhrgebiets. Seine sportlich wohl erfolgreichste Zeit hatte er bei Rot-Weiss Essen. 1953 holte der Katernberger den DFB-Pokal und zwei Jahre später die deutsche Meisterschaft mit dem RWE. Über 200 Spiele absolvierte Rahn für die Essener, ehe er sich über kurze Umwege über Köln und Enschede zum MSV Duisburg zurück ins Ruhrgebiet begab. Auch bei den Zebras wurde er zu einer Vereinslegende, sodass die Fans des Meidericher Sportvereins ihrem Helden eine Zeile in ihrer Vereinshymne widmeten:
„Wo alle Mann, mit Helmut Rahn,
sie kämpfen, greifen an,
kurz abgewehrt und wieder vor,
dann Krämer, Pass und TOR!“
Doch Rahn war mehr als nur „der Held von Bern“ – er war einer von uns. Geboren wurde Helmut Rahn am 16. August 1929 als Sohn einer Arbeiterfamilie in Essen-Katernberg. Mitten im Krieg aufgewachsen musste der junge Helmut seine Heimat früh verlassen, um sich auf dem Land in Sicherheit zu bringen. Nach dem Ende des Krieges arbeitete Rahn im Bergbau und begann eine Lehre als Autoelektriker, welche er allerdings nie beendet hat. Nach seinem Beitritt in die Didier-Kogag-Hinselmann AG wechselte Rahn zu Rot-Weiss Essen. Georg Melches, Gründungsmitglied vom RWE und Direktor von Rahns Arbeitsstelle, spielte dabei eine maßgebliche Rolle. Im September 1953 heiratete Rahn Gertrud Ermeling, eine Verkäuferin, mit welcher er später zwei Söhne bekam. Abseits des Fußballs galt Rahn immer auch als selbstbewusster Witzbold mit einem „unerschöpflichen Vorrat an Blödsinn und Übermut“, wie ihn sein langjähriger Freund Fritz Walter nannte. Auf dem Platz merkte man diesen Übermut durch teilweise eigensinnige Aktionen. Abseits des Feldes durch Konflikte mit dem Gesetz. 1957 fuhr der Weltmeister alkoholisiert in eine Baugrube und attackierte die Polizeibeamten daraufhin handgreiflich, was eine kurze Haft- und Geldstrafe zur Folge hatte. 1961 wurde Rahn zu einer erneuten Gefängnisstrafe von vier Wochen verurteilt, da er erneut betrunken Auto gefahren ist. Besonders gern war „der Boss“ daher in seiner Stammkneipe „Frisenstube“ in Essen-Frohnhausen.
Doch auch trotz seiner Neigung zum Alkohol hatte Rahn noch einen Ort, an welchem er lieber Zeit verbracht hat: Im Kreis seiner Familie. Mit seinem Bruder Hans betrieb er nach seiner aktiven Karriere einen Gebrauchtwarenhandel in Altenessen, ehe er Verkaufsleiter einer Recyclings- und Entsorgungsfirma wurde. Nachdem er der Öffentlichkeit seit 1970 immer mehr den Rücken kehrte, intensivierte er den Kontakt zu seiner Familie. Er pflegte seinen Kleingarten und unternahm viel mit seiner Frau. So zählten beispielsweise lange Wanderungen mit „seiner“ Gertrud zu seiner Lieblingsbeschäftigung. Auch die Spiele seiner Enkel beim VFB Frohnhausen besuchte er gerne. Des Weiteren engagierte er sich sozial und karitativ in der Kirchengemeinde. „Ich hatte Erfolg, ich habe die Welt kennen gelernt, hatte Spaß an meinem Sport, vermisse nichts, möchte nicht tauschen“, kommentierte Rahn damals seinen neuen Lebensstil. Eben diesen verkörperte der Essener bis zum 14. August 2003. Dies war der Tag, an welchem Deutschland einer seiner größten Persönlichkeiten, viel zu früh, verloren hat.
Doch auch nach seinem Tod wird das Bild des einstigen großen Fußballers weitergezeichnet, denn sein großes Herz für die Wohltätigkeit hat er weiterverbt. Uwe Rahn, einer seiner beiden Söhne, ist zusammen mit seiner Frau Mitglied in der Sozialinitiative „Essener Chancen“. „Als wir gefragt wurden, Gründungsmitglieder der Essener Chancen zu werden, haben wir gerne zugesagt. Unser 2003 verstorbener Vater Helmut Rahn hätte sich darüber gefreut“, kommentierte Uwe ihre Mitgliedschaft. Aber auch, wie soll es anders sein, lebt Rahn auch heute noch im Herzen des deutschen Fußballs weiter. Sein Enkel Matthias ist Hausmeister am Gymnasium Borbeck in Essen und hilft dort eine für die Schülerinnen und Schülern optimale Lernatmosphäre zu schaffen. Des Weiteren errichtete sein Klub, der RWE, beispielsweise eine lebensgroße Statue ihres Helden vor dem Stadion. Und erst vor einem Jahr wurde in Frohnhausen eine Realschule zur „Helmut Rahn Realschule“ umbenannt, um den Weltmeister-Macher erneut zu ehren.
Helmut Rahn war ein Arbeiterkind mit Spaß am Fußball. Ein Idol für eine ganze Generation aber was noch viel wichtiger ist: er war einer von uns. Ein Familienvater, Opa, ein Freund, ein Nachbar, welcher sich nicht zu schade war, auch seine Mitmenschen auf der Straße und beim Einkaufen zu Grüßen wie mir mein Großvater erzählte, der ihn persönlich kennenlernen durfte.
Was zeichnet einen wahren Boss aus? Führungsstärke, Empathie und die Fähigkeit Menschen zu bessern Menschen zu machen. Helmut Rahn war einer dieser Menschen und er beeinflusst auch heute nach seinem Tod noch Generationen – egal ob seine Familie oder die Schülerinnen und Schüler „seiner“ Realschule. Er war und ist: „Der Boss“.
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